Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim besteht seit 25 Jahren – und hat neue Pläne
Was als Studentenorchester begann, hat sich zu einem festen, hochwertigen Bestandteil der Kultur Baden-Württembergs entwickelt. Das Ziel der Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim, neue Musik vertrauter und vertraute Musik neu erlebbar zu machen, ist voll und ganz aufgegangen. Mit einem strahlenden Festprogramm feiern die Musiker gemeinsam mit dem Konzertpublikum ihr Jubiläum.
Begonnen hat alles mit einer Handvoll Studenten sowie guten Amateuren um Dirigent Peter Wallinger. Heute kann er mit Stolz zurückblicken: „Ja, das hat sich gemausert.“ Denn 25 Jahre später ist die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim weit über Bietigheim-Bissingen hinaus ein fester Begriff. „Die Vision war schon da, ein wirklich Profiorchester zu kreieren“, erinnert sich Wallinger. Dass sich dieser Traum erfüllt, war die große Hoffnung, und mit seinen vitalen Interpretationen hat sich das Orchester inzwischen einen außergewöhnlichen Ruf erworben. Bei der Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim handelt es sich um ein Projektorchester. Nur fünfmal im Jahr kommen die Instrumentalisten zu Proben und Auftritten zusammen. Was ein Manko sein könnte, wird hier zu Tugend: „Bei uns geht es gleich vom ersten Moment an zur Sache“, beschreibt Wallinger die Probensituation. Lediglich drei Proben sind vor einem Konzert angesetzt, da ist von jedem Einzelnen höchste Konzentration gefordert.
Vor allem, wenn – wie im Festkonzert – Modernes erklingt. Anlässlich des zehnten Todestags des Bietigheimer Komponisten Hans Georg Pflüger steht auf dem Konzertprogramm sein Werk „Strahlende Pforte“, eine Auftragskomposition der Stadt Bietigheim-Bissingen aus dem Jahr 1989. Der Titel verweist auf die strahlenden Klangfelder der Blechbläser: „Es sind überraschende Sachen drin. Es ist frei atonal gehalten und besteht aus dissonanten Klängen“, sagt Flötistin Christina Döllinger, und Peter Wallinger ergänzt: „Es ist sehr unorthodox zu spielen. Jeder ist gefordert.“ Ob Halbtonchromatik oder musikalische Cluster, der Komponist Hans Georg Pflüger hat die modernen musikalischen Techniken voll ausgeschöpft.
Das Stück macht neugierig. Die Kombination aus klassischem und modernen Repertoire an einem Konzertabend ist ebenfalls ein Markenzeichen der Süddeutschen Kammersinfonie: Neben dem Pflüger-Stück werden ein Violinkonzert Mozarts mit Ursula Schoch – der aus Sachsenheim stammenden und in der Kammersinfonie „groß“ gewordenen Konzertmeisterin des Amsterdamer Concertgebouw als Solistin – und Schumanns vierte Sinfonie erklingen.
Dirigent Peter Wallinger ist ein Mensch, der lieber in die Zukunft schaut, als Bilanz zu ziehen: „Ich wünsche mir eigentlich nur eine stete Entwicklung nach vorne“, so beschreibt er seine Hoffnung für die nächsten 25 Jahre der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim. Die großen romantischen Sinfonien sollen erarbeitet werden, zum Beispiel Mendelssohns Sinfonie Nummer drei, die sogenannte schottische Sinfonie. Dafür werden allerdings im Orchester, zusätzlich zu den regulären 35 Musikern, weiter 5 bis 15 Mitspieler gebraucht. Auch wenn diese kein allzu hohes Honorar verlangen, so summiert es sich doch. Daher ist man in Verhandlungen mit der Stadt Bietigheim-Bissingen – und Wallinger ist optimistisch, dass die Gespräche ein glückliches Ende nehmen.
Helga Spannhake