Mozart, Schumann und Pflüger zum 25-jährigen Orchesterjubiläum: Peter Wallinger und seine glänzend aufgelegten Musiker beeindruckten am Freitag mit einer erlesenen Ensemblekultur im Kronenzentrum.
Sinnfälliger, als mit der im Jahr 1989 von der Stadt Bietigheim-Bissingen in Auftrag gegebenen Orchesterkomposition „Strahlende Pforte“ des vor zehn Jahren verstorbenen Hans Georg Pflüger, hätte das Fest- und Gedenkkonzert der Sueddeutschen Kammersinfonie kaum eröffnet werden können.
Einer Aufmerksamkeit heischenden Ouvertüre gleich führte der ungemein packend aus dem Stimmvorgang des Orchesters heraus entstehende Beginn zu strahlenden Bläserklängen, die wie ein gewaltiges Portal den Blick freigaben auf opulente und elektrisierende, durch ein schwelgerisches Thema immer wieder voneinander abgesetzte Klang- und Rhythmuscollagen. Und auf das gesamte Konzert, das Peter Wallinger als hochsensiblen Klangarchitekten zeigte, der es im anschließenden, dynamisch und atmosphärisch sorgsam ausgeloteten Violinkonzert Nr. 4 D-Dur KV 218 von Wolfgang Amadeus Mozart auf bewundernswerte Weise verstand, Ernstes und Heiteres sowie einen gewichtigen und leichten Tonfall miteinander zu verbinden.
Darin stand ihm die Solistin Ursula Schoch um nichts nach. Mit ihrer hervorragenden Grifftechnik, lupenreinen Intonation, mit ihrem klaren und schlanken, aber auch warmen und sehr empfindsamen Ton erwies sich die Geigerin bei ihrem Heimspiel als ernst zu nehmende Mozartspielerin. Erfreulich unprätentiös und sprachnah phrasierend ging sie das Werk an, ließ im Andante cantabile die weitgespannten Kantilenen in einem fein ausgehorchten Wechselspiel mit den Bläsern wunderschön fließend ausschwingen und überführte die Virtuosität der thematisch reichen Ecksätze in ein geschlossenes Gesamtbild voller Charme und Geschmeidigkeit. Es schien, als liebte sie jede Note dieser Musik, wenn auch die kompositorischen Finessen Mozarts im vielgliedrigen Finale – die wechselnden Tempi, Taktarten und Charaktere – von ihr und dem Orchester ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient gehabt hätten. Die direkt anschließenden Grußworte von Oberbürgermeister Jürgen Kessing waren leider unglücklich platziert, beraubten sie doch Ursula Schoch der Chance einer möglichen Zugabe.
Als einen einzigen großen, nie abreißenden Spannungsbogen gestalteten Peter Wallinger und die Sueddeutsche Kammersinfonie schließlich Robert Schumanns Sinfonie Nr. 4 d-Moll op. 120. Tatsächlich vermittelte die höchst drängende Lesart dieses Werks den Eindruck, als handle es sich bei den motivisch auf das Engste miteinander verknüpften und trotz Generalpausen ineinander übergehenden vier Sätzen um eine Fantasie. Es war eine Ohrenweide, wie mitreißend – trotz oder gerade wegen Peter Wallingers Ordnungssinn – das Fantastische und rastlos Fließende formuliert wurde, wie Poesie und stürmisches Drängen zwingend ineinander flossen und somit absolut instinktsicher der spezifische Schumann-Ton getroffen wurde, gipfelnd in dem fast schon dämonischen, aber klar und durchsichtig genommenen Taumel des Schlusssatzes.
Zweifellos ein großes Konzert, das gebührend gefeiert wurde, auch wenn der Wiedergabe der Schumann-Sinfonie die durchaus angemessenen stehenden Ovationen verwehrt blieben.
Christof Jetzschke