Die Süddeutsche Kammersinfonie hat beim Neujahrskonzert im Bürgersaal des Rathauses erneut überzeugt.
Experimentierfreude zeichnet die Arbeit von Peter Wallinger mit der – Süddeutschen Kammersinfonie aus. Die Neujahrskonzerte des Bietigheimer Ensembles im Bürgersaal des Murrer Rathauses haben in mittlerweile 19 Jahren Kultstatus erreicht. Dabei „im- mer etwas Neues zu bieten“, gilt als Markenzeichen des Dirigenten. In diesem Jahr war es der Gitarrist Santy Masciaro, der die Besucher im voll besetzten Bürgersaal als Solo-Instrumentalistbegeisterteund Sprache auf faszinierende Weise als „Musik der Poesie“ erleben ließ.
Der melodische Sprachfluss bei Rezitationen aus der „Göttlichen Komödie“ von Dante Alighieri, den die Italiener laut Ma- sciaro „als Inbegriff der Dichtkunst“ schätzen, klang wie Musik pur in den Ohren der Zuhörer – besonders wenn sie dem Rat des Rezitators folgten und mit geschlossenen Augen zuhörten. Dass es sich beim 23. Gesang aus dem „Paradiso“ um die letzten Verse handelt, die Dante unmittelbar vor seinem Tod im September 1321 geschrieben hat ließ der in Syrakus (Sizilien) geborene, in Toulouse lebende und in Hamburg arbeitende Santy Masciaro in seine einleitenden Worte als Information einfließen. Dass Dantes Worte 700 Jahre nach seinem Tod immer noch zitiert werden, zeige – so der Rezitator – die Bedeutung des italienischen Dichters.
„Passione Italiana“ wählte Peter Wallinger als Motto für das Neujahrskonzert 2013, das mit unterhaltsamen musikalischen Köstlichkeiten von Barock bis Moderne bestückt war. Die 1984 von Wallinger gegründete Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim zeichnet sich durch vitales und klangdifferenziertes Spiel, aber auch durch markant eigenwillige Interpretationen aus, die „neue Musik vertrauter und vertraute Musik neu erlebbar“ machen will. Die künstlerische Zielsetzung hat sich bis heute nicht verändert und prägte auch das 19.Neujahrskonzert in Murr. Es sind vornehmlich junge talentierte Musiker, die sich mehrmals im Jahr projektbezogen zusammenschließen und innovative Konzertprogramme erarbeiten.
Im ersten Teil der „Passione Italiana“ stand der Gitarrensolist Masciaro im Mittelpunkt. Er verlieh dem Largo im Concerto D-Dur von Antonio Vivaldi Gänsehautfeeling und gab dem abschließende Allegro mit pointiertem Spiel tänzerisches Profil. Unwahrscheinlich sensibles und grifftechnisch unglaublich fingerfertiges Spiel ließen die von Masciaro gestalteten Variationen über ein Thema von Nicolo Paganini zum musikalischen Erlebnis werden. Die „Streichersonate II A-Dur“ von Gioacchino Rossini – ein vom Komponisten selber als „Jugendsünde“ bezeichnetes aber handwerklich souverän gestaltetes und mit reizvollen Kontrasten ausgestattetes Frühwerk – bot den Streichern, besonders auch der Kontrabassistin, Gelegenheit, mit einfühlsamen Spiel die Zuhörer zu überzeugen, was dem Ensemble auch abschließend mit dem „Concerto per Archi“ des 1979 verstorbenen und hauptsächlich durch Filmmusiken bekannt gewordenen Nino Rota vor allem mit der ausdrucksstarken „Aria“ und dem furiosen „Finale“ gelang, das als Dank für den starken Applaus te1lweise als Zugabe noch einmal erklang.
Helmut Schwarz