Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim bietet bei ihrer Matinee in der Frauenkirche ein anspruchsvolles Programm.
Mühlacker-Lienzingen. Heiter und unbeschwert sollte diese Matinee werden, zu der die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim in die Lienzinger Frauenkirche eingeladen hatte. Und viele Zuhörer kamen, die eben dies erwarteten und angesichts eines Programms von Bach bis Strawinsky nicht enttäuscht wurden.
Als „Gipfelstürmer“, gemessen am Beifallssturm des Publikums, erwies sich bereits der Beginn mit der Orchestersuite Nummer 2 h-moll, BWV 1067, für Flöte, Streicher und Basso continuo von Johann Sebastian Bach. Die Sätze tragen die Titel Rondeau, Sarabande, Bourrée, Polonaise-Double, Menuet und Badinerie. Aus dem Französischen übersetzt bedeutet Letzteres so viel wie Spaß oder Neckerei und ist ein tanzähnliches Stück, oft gebracht in Suiten zu Bachs Zeit. Was mag den sonst so ernsten Kantor dazu gebracht haben, sich auf dieses Parkett zu wagen?
Nicht gescheut hat sich Verena Guthy-Homolka, mit ihrer Flöte auf diesem Parkett souverän zu tanzen. Die Soloflötistin ist mehrfache Preisträgerin internationaler Wettbewerbe, ist bei renommierten Orchestern gefragt, wirkt als Pädagogin, Jurorin und Dozentin. Seit langen Jahren konzertiert sie mit der Kammersinfonie. Dass da ein harmonisch aufeinander eingestimmtes Team miteinander musizierte, bewies diese Aufführung. Mitunter hätten vielleicht die taktweise doch recht dominant aufspielenden Streicher der Flöte ein wenig mehr den Vortritt lassen sollen. Doch so wunderbare Passagen mit Flöte, dem ersten Cello und dem Cembalo wie in der Badinerie machten auch die noch so kleinste Trübung wieder wett. Beifall ohne Ende animierte Guthy-Homolka zu einer Zugabe, was so mitten im Konzert auch nicht allzu häufig geschieht.
Mit einem verhaltenen Crescendo setzte das Adagio von Samuel Barber ein. Es ist das bekannteste Werk des amerikanischen Komponisten, der 1981 starb. Einen breitgefächerten Klangteppich breitete das Orchester unter der Leitung von Dirigent Peter Wallinger aus, auf dem unter anderem auch das Cello weite, singende Bögen zeichnete, konträr zu den gelegentlich dissonant klingenden Violinen in fast rauschhafter Höhe, ehe die Bässe führend übernahmen und das Stück in sanfter Harmonie, vielleicht auch in Melancholie endete.
Wie die Malerei so hat auch die Musik eine impressionistische Phase durchlaufen. Einer ihrer bekanntesten amerikanischen Vertreter ist Charles Griffes, der es in trauriger Weise großen europäischen Komponisten gleichtat, nämlich bereits 36-jährig 1920 verstorben ist. „Poem“ für Flöte und Orchester heißt das Stück, in dem die Solistin des Abends nochmals mit virtuos geblasenen Solotakten hervorstach. Lange Klangfolgen wechselten mit exaltierten Ausbrüchen, dominierend die Bässe, wie singend nahm das erste Cello ein Thema auf, reichte es an das zweite weiter. Lange Triller beflügelten, glitten hinein in ein Piano, in das tiefere Flötentöne einen wie gehauchten Schlusspunkt setzten.
Nach der Pause stand auf dem Programmzettel nur noch ein Werk, das überzeugend zu gestalten war: Igor Strawinskys „Concerto in Re“. Der russische Komponist gilt als Vertreter des Neoklassizismus in der Musik. Ihn zog es weg von der Süßlichkeit der Romantik, zurück zu barocken, klaren Formen. An die Bach’schen Brandenburgischen Konzerte gedachte der Russe anzuknüpfen. Ob ihm das mit dem Vivace, Andante und Allegro gelungen ist, mag der Zuhörer entscheiden. Der dem Neuen eher Zugewandte wird den Gesamtaufbau sehr interessant finden. Keinen Zweifel hinterließ die Kammersinfonie mit ihrer nahezu aufreizenden Wiedergabe, eine veritable Herausforderung, die Wallinger mit seinen Musikern meisterte. Hier ein transparentes, klar akzentuiertes, ausdrucksstarkes Spiel zu Gehör zu bringen, zeugte von Könnern an den Pulten.
Muss noch erwähnt werden, dass auch am Ende dieser morgendlichen Konzertstunde der Beifall nicht enden wollte? So gefeiert, konnten Solistin und Orchester gar nicht anders, als ihr begeistertes Publikum mit zwei Zugaben zu verwöhnen.
Eva Filitz