Der Ausnahme-Trompeter Wolfgang Bauer und die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim spielten unter der Leitung von Peter Wallinger im Kronenzentrum. Von Dr. Dietmar Bastian
Zweierlei Horizonte verbinden sich mit dem Wort Advent (Ankunft): Das von den Römern geknechtete jüdische Volk hoffte auf die Ankunft des Messias, eines Königs, Erlösers und Befreiers. Das in einer Futterkrippe im Stall geborene Knäblein hingegen, von dem die Evangelisten im Neuen Testament berichten, entsprach nun ganz und gar nicht dieser Vorstellung, sondern offenbarte den Willen Gottes, dass das Starke im Schwachen Gestalt annehmen und mächtig werden sollte. Genau diese Widersprüchlichkeit griff das Programm „Musica Adventus“ auf, das der Leiter der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim, Peter Wallinger, am Samstagabend im Kronenzentrum zur Aufführung brachte.
Wallinger hatte den grandiosen Trompeter Wolfgang Bauer engagiert, der gleich zwei Solokonzerte spielte: Johann Baptist Georg Nerudas „Concerto für Diskanthorn und Streichorchester“ sowie das bekannte Trompetenkonzert Es-Dur von Joseph Haydn, dessen „Ohrwurmthemen“ wohl viele Zuhörer schon auf den Lippen führten. Die optisch sehr jung wirkende Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim musizierte auf gewohnt hohem Niveau, begleitete klangschön und transparent und hob den heiter-festlichen Charakter der Werke hervor.
Strahlend und eindringlich
Kein Zweifel, dass der vielfach ausgezeichnete Wolfgang Bauer, der weltweit unterwegs ist und eine Professur in Stuttgart inne hat, ein Großer seines Fachs ist. Beim Konzert von Neruda, das noch heute als einziges Werk des ansonsten fast vergessen Frühklassikers aufgeführt wird, traf Bauer genau jenen galanten Ton, den der damalige Zeitgeist evoziert hatte. Den Haydn spielte er auswendig, mit großer Strahlkraft und Eindringlichkeit. Hier hätte man sich vielleicht gewünscht, dass Bauer die Nebenthemen und Überleitung zurücknimmt und nicht durchgängig forciert.
Doch genau die leiseren Töne, die ebenso zum Advent gehören, gab es auch: Peteris Vasks‛ „Musica Adventus I“ war die eigentliche Überraschung des Abends. In eindrucksvoll-zarten Klanggesten und fein gesponnenen Tongeweben nimmt das Stück des zeitgenössischen lettischen Komponisten jene geheimnisvollen Vorgänge auf, die das Geschehen im Stall ausmachen. Im Choralzitat „Vom Himmel hoch“ macht Vasks deutlich, das er jenem inneren Licht nachspürt, das uns im Advent erreichen möchte. Sehr gerne hätte man nicht nur den 1. Satz, sondern die komplette etwa 25-minütige „Musica Adventus“ gehört, doch dies hätte den Rahmen gesprengt.
Die bekanntesten der neuen Sinfonien Beethovens werden sehr häufig gespielt, die anderen leider viel zu wenig. Dieses Schicksal ist auch dem Schlussstück des Abends, der achten Sinfonie in F-Dur, beschieden. Dabei muss man dieses an überraschenden Modulationen und harmonischen Experimenten so reiche Werk eigentlich im Zusammenklang mit der Neunten hören, in der Beethoven endgültig eine musikalische Zeitenwende herbeiführt. Man hätte der Kammersinfonie und Bauer volle Reihen gewünscht, denn es war ein denkwürdiger Musikabend, der wunderbar in ein Adventwochenende hineingepasst hat.