Die Klassikreihe „MühlackerConcerto“ steht unter dem Motto „Zeit und Traum“
Mühlacker. Musik im Zusammenspiel mit Poesie – ein Genre, das sich wachsender Beliebtheit erfreut und das auch beim diesjährigen Neujahrskonzert der Klassikreihe „MühlackerConcerto“ seine Wirkung nicht verfehlte.
Unter der bewährten und souveränen Leitung von Peter Wallinger nahmen die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim und der Schauspieler und Theatermusiker Johann Michael Schneider die Besucher im nahezu voll besetzten Mühlacker Uhlandbau mit auf eine musikalisch-literarische Reise unter dem Motto: „Zeit und Traum“. Nach dem Auftakt durch die „Gagliarda del Principe di Venosa“ von Carlo Gesualdo folgte das Werk „Festina Lente“ von Arvo Pärt. Gleichsam stehend und fließend zugleich wurde die zugrundeliegende Tonfolge von den Streichinstrumenten zwar gleichzeitig, jedoch in drei unterschiedlichen Tempi vorgetragen und entfaltete sich so zu einem nahezu meditativen Klangbild, das im Epilog mit kaum mehr vernehmbaren Saitenstrichen ausklang. Im Anschluss an Mozarts „Adagio für eine Orgelwalze“ stellte Solistin Sachiko Kobayashi in Jean Sibelius „Humoreske IV“ ihre Virtuosität an der Violine mit reiner Klangfarbe, facettenreicher Dynamik und perfektem Zusammenspiel mit dem Streicherensemble eindrucksvoll unter Beweis.
Beschwingt und fröhlich folgte die Streichersonate in A-Dur von Rossini, bei der insbesondere die Klangtiefe des Kontrabasses im lebendigen Spiel zum Ausdruck kam. Mit einem launigen Text von Heinz Erhardt verabschiedete Johann Michael Schneider, der die hochkarätige Darbietung der Musiker durch kurze literarische Sequenzen von Rilke, Ringelnatz und von Hofmannsthal mit ausdrucksvoller Gestik und Mimik bereicherte, die Besucher in die Pause. Nach Janaceks „Idylle“ folgte mit der Romanze aus Mozarts „Kleiner Nachtmusik“ eine Komposition, die mit ihrem vierten Satz als Zugabe eine perfekte Abrundung der Matinee darstellte.
Spannend und eine Herausforderung für die Zuhörer war das Experiment Wallingers, so gegensätzliche Klangwelten wie Carlo Gesualdos „Gagliarda“ aus dem 16. Jahrhundert und Arvo Pärts „Festina Lente“ aus dem 20. Jahrhundert bewusst und unvermittelt aufeinandertreffen zu lassen. Der verhaltene, an manchen Stellen morbide Gestus der Klänge aus so unterschiedlichen Epochen verband sich zur Überraschung des Publikums auf wundersame Weise. Dass Musik zugleich stehen und fließen kann, war in Wolfgang Amadeus Mozarts sehr kurzem Adagio für eine Orgelwalze, komponiert für eine mechanische Orgel mit einer drehbaren Stiftwalze, zu erleben. Weiche, stehende Harmonien eröffneten den Musikern Räume für pulsierende, melodische Bewegungen.
Nach auf hohem Niveau vorgetragener Musik und Texten aus unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichem Zeitmaß verabschiedeten sich anschließend die Besucher beschwingt und heiter in einen grauen Januartag.
Britta Bischoff-Krappel