Simon Wallinger gibt heute sein Debüt am Pult der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim
BIETIGHEIM/MÜHLACKER. Am Kontrabass war Simon Wallinger bereits mehrfach in den Reihen der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB) zu erleben. An diesem Wochenende gibt er nun sein Debüt am Pult des von seinem Vater Peter Wallinger 1984 gegründeten Ensembles. Das traditionelle Frühjahrskonzert der SKB wird zweimal gegeben: Am heutigen Samstag kommt das „La Passione“ überschriebene Programm im
Bietigheimer Kronenzentrum zu Gehör, am morgigen Sonntag im Uhlandbau in Mühlacker. Ursprünglich war Simon Wallinger lediglich für den ersten Teil als Dirigent eingeplant, doch nachdem Peter Wallinger noch eine Erkältung auskuriert, übernimmt sein Sohn kurzfristig die Leitung des kompletten Konzerts.
Im Mittelpunkt steht mit Joseph Haydns 1768 komponierter Sinfonie Nr. 49 in f-Moll ein Werk, dessen exzentrische Intensität Anlass zu verschiedenen Spekulationen gegeben hat. Ihr Beiname „La passione“ (Italienisch: Leidenschaft, Leidenszeit) geht nicht auf Haydn zurück, sondern verdankt sich wohl einer Ergänzung eines zeitgenössischen Kopisten. Während ein Leipziger Aufführungsbericht von 1811 auf die Verarbeitung eines Trauerfalls bei Haydn hindeutet, gehen andere Quellen davon aus, dass die f-moll-Sinfonie als Bühnenmusik für ein Theaterstück names „Il Quakero di bel’humore“ („Der gut gelaunte Quäker“) entstanden sei.
Für Simon Wallinger, der, nachdem er sein Studium an der Münchner Hochschule für Musik und Theater (Klavier und Kontrabass) mit Bestnoten abgeschlossen hatte, noch ein weiterführendes Studium in Historischer Aufführungspraxis mit Hauptfach Cembalo draufgesattelt hat, bevor er ein zweijähriges Engagement als Kontrabassist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks antrat, enthalten solche Quellen
wichtige Hinweise. Dabei halte er die Spielweise für entscheidender als die Verwendung historischer Instrumente: „Es steckt wirklich viel Arbeit drin, eine solche Partitur richtig zu deuten. Ein Forte bei Haydn heißt etwas ganz anderes als eines bei Mozart.“ Was beim einen „laut“ bedeute, könne bei jenem als „plötzlich“ gemeint sein.
Bedingungen von Freiheit und Frieden
Neben der Nähe zur Osterzeit klingen im sinnfälligen Motto „La Passione“ natürlich auch Gegenwartsbezüge an. Deshalb wird der Berliner Schauspieler und Sprecher Johann-Michael Schneider zwischen den Musikstücken zwei Gedichte von Friedrich Schiller einflechten, die Grundbedingungen von Freiheit und Frieden thematisieren. Zwei weitere Auslegungen des Begriffs „Lei denschaft“ kommen mit der Prelude zu George Bizets „Carmen““ sowie dem Larghetto und als „Furientanz“ bekannten Allegro aus Christoph Willibald Glucks Ballettmusik zu „Don Juan“ ins Spiel.
Nach der Pause wird Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonia Concertante für Solovioline, Soloviola und Orchester (KV 364) mit den Solistinnen Sachiko Kobayashi und Tomoko Yamasaki vom renommierten Lotus String Quartet erklingen. Dass Simon Wallinger, der Anregungen in Meisterkursen von Johannes Schlaefli erhielt und erste Dirigiererfahrungen mit der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz und als Leiter der Lienzingen-Akademie vorweisen kann, nun erstmals die SKB dirigiert, lässt sich durchaus auch als Vorzeichen für die weitere Zukunft des Orchesters verstehen: Auch für die kommenden Konzerte sei eine Zusammenarbeit geplant, eine Stabübergabe perspektivisch gut denkbar, so die Wallingers. Übrigens handelt es sich bei Simon Wallingers SKB-Dirigat nicht um die einzige Premiere dieses Frühjahrskonzerts: Erstmals fungiert Swantje Asche-Tauscher als Konzertmeisterin der SKB.
Autor: Harry Schmidt