„Sommerliche Serenade“ der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim
BIETIGHEIM-BISSINGEN. Sommer, Sonne, Süden: Ein Dreiklang, der vielen bis zur Selbstverständlichkeit geläufig ist. Doch Peter Wallinger, Dirigent der 1984 gegründeten Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB), hat sich für die genau entgegengesetzte Richtung entschieden und den Programmbogen seiner „sommerlichen Serenade“ mit „Nordische Impressionen“ überschrieben. In der hellen, lichten Weite der Pauluskirche haben sich die 16 Musikerinnen und Musiker der SKB um Wallinger versammelt – so wie vor 38 Jahren, als das Orchester hier seinen ersten Auftritt hatte, Auch Ursula Schoch, die nun im schulterfreien, indigoblauen Abendkleid hinzutritt, hat der Orchesterleiter aus Maulbronn an dieser Stelle erstmals gehört.
In zwei Humoresken für Solovioline und Orchester (Op. 89) von Jean Sibelius zeigt sich, wie innig das musikalische Einverständnis zwischen der in Ludwigsburg geborenen Violinistin, die seit mehr als 20 Jahren als Konzertmeisterin am Concertgebouworkest in Amsterdam wirkt, und Wallinger ist. Ungeheuer virtuos gestaltet Schoch ihren Part, dessen technischer Anspruch allein schon nicht zu unterschätzen ist: Insbesondere der stete Wechsel zwischen sphärischen Kantilenen, Trillern, Prallern, Doppelgriffen und Arpeggien, dazwischen mit der Bogenhand angerissenen Einzeltöne machen das „Andantino“ zur spieltechnischen Herausforderung. Doch Schoch begnügt sich nicht mit Handwerklichem und spürt mit dem warmen, gedeckten Grundton ihrer Guadagnini dem Iyrischen, zuweilen auch exzentrischen Melos der musikalischen Gedanken des 1917 entstandenen Werks nach. Wallinger orientiert sich an seiner formidablen Solistin: Hellwach reagiert die SKB im Presto der tänzerischen „Alla gavotta“.
Nahezu ein halbes Jahrhundert früher datiert Johan Svendsens Romanze in G-Dur für Solo- Violine und Orchester: Der norwegische Komponist hat mit seinem Opus26 eine ungemein eingängige Musik (mit einem Hauch Wiener Kaffeehausflair) geschrieben, die Schoch zu anmutigem Instrumentalgesang nutzt. Großer Beifall für die sympathische Musikerin, Wallinger und die SKB.
Erneut hervorragenden Eindruck hinterließ auch Simon Wallinger, der beim diesjährigen Frühjahrskonzert sein Debüt am Pult der SKB gab: Peter Wallingers Sohn entlockte der spielfreudigen SKB eine vorzügliche Interpretation von Max Bruchs posthum veröffentlichter Serenade auf schwedische Volksmelodien, sorgsam abgestuft in der Dynamik zwischen kammermusikalischer Finesse und sinfonischer Klangballung.
Hier wie auch in Edvard Griegs Suite „Aus Holbergs Zeit“ (Op.40) offenbart dieses skandinavisch-( spät-)romantische Programm zudem einen barocken Unterton, der selbst noch in den Östinati und Fugati der Humoresken von Sibelius nachhallt. Ein wundervoll zurückgenommener, umso eindringlicherer Moment innerer Einkehr war die Wiedergabe des „Vater unser“ von Arvo Pärt in einer Bearbeitung für Solo-Cello und Orchester durch Chihiro Saito, die seit vielen Jahren als Stimmführerin der Celli in den Reihen der SKB zu hören ist, mit dem Wallinger-Orchester.
Autor: Harry Schmidt