Beeindruckender Auftritt bot einige Besonderheiten.
Geschickte Überlegung bei der Programmgestaltung am Sonntagabend: Drei Orchesterstücke mit Violin-Solopart wurden sinnfällig wie ein dreisätziges Violinkonzert mit lebhaften Ecksätzen und langsamem Mittelsatz zu einer Einheit gefügt und ohne Pausenapplaus interpretiert. Zudem veredelte ein exzellenter Solist die Wiedergabe. Tjeerd Top, der in Mühlacker dank mehrerer Gastauftritte gut bekannte Konzertmeister des Concertgebouw-Orchesters Amsterdam, spielte mit Elan und klangschöner Klarheit auf seiner Stradivarius-Geige. Nicht das geringste Nebengeräusch oder Krätzerchen waren zu hören.
Das Frühjahrskonzert der Sueddeutschen Kammersinfonie im Uhlandbau hatte freilich weitere Besonderheiten zu bieten. Nachwuchsdirigent Simon Wallinger, der Sohn des Orchesterchefs Peter Wallinger, leitete den gesamten Konzertabend. Vor der Pause die erwähnten, in ihrer Dynamik so unterschiedlichen Kompositionen: Ludwig van Beethovens selten zu hörendes, schwungvolles Violinkonzert-Fragment in C-Dur (Wo 05), von dem nur ein „Allegro con brio“ existiert. Anschließend Beethovens populäre Romanze F-Dur (op. 50), ein romantisches Bravourstück mit samtweichem Solopart, und zum Schluss Franz Schuberts tänzerische Polonaise B-Dur (D 580). Eine Bläsergruppe bereicherte die frühlingshaft hellen Klanglandschaften. Als Zugabe offerierte Top das kunstvoll-virtuose, zerbrechlich-zarte Solostück „Porcelain“ aus seiner neuen CD „Fragile“.
Leidenschaftliches Engagement
Nach der Pause präsentierten sich das Orchester, das nun als reines Streicherensemble agierte, und sein jugendlicher Dirigent mit spürbar leidenschaftlichem Engagement für das musikalische Extreme ausreizende Werk des polnisch-jüdischen Komponisten Mieczyslaw Weinberg (1919-1996). Der wenig bekannte Meister ist – wie Wallinger einleitend bemerkte – eine Entdeckung und besitzt eine bewegte, sich in seinen Kompositionen niederschlagende Biografie. Sein Oeuvre umfasst auch vier Kammersinfonien, von denen beim Frühlingskonzert die 1990 entstandene Nr. 3 (op. 151) als Fortsetzung des angekündigten „Weinberg-Zyklus“ geboten wurde.
Der schwermütige erste Abschnitt „Lento“ setzte mit Unisonogesang der Violinen ein, dunkles Bass-Geraune folgte. Einen starken Kontrast dazu bildete der zweite Satz. Das rasante „Allegro molto“ rauschte mit kämpferisch-wildem Klanggetümmel vorbei und mündete in dreifaches Fortissimo ein. Ein klangseliges „Adagio“ und ein „Andantino“ mit eingeschobenem Violinsolo, das sich wie eine intensive Erlösungssuche anhörte, fügten sich an. Eine rätselhafte Musik, die auch das herzlich applaudierende Publikum tief beeindruckte.
Autor: Eckehard Uhlig