Zweite Matinee beim „Musikalischen Sommer“ in der Lienzinger Frauenkirche
Mühlacker. Barocke Musikmeister statteten ihre für die höfische Unterhaltung bestimmten Kompositionen häufig mit einladenden Überschriften aus. In diesem Sinne „Ergötzliches“ bot auch die zweite Matinee des „Musikalischen Sommers“ in der Lienzinger Frauenkirche. Das Konzert mit Peter Wallingers Sueddeutscher Kammersinfonie Bietigheim zelebrierte den sommerfrisch-heiteren Serenaden-Ton, insbesondere mit der Wiedergabe des „Frühlings“ und des „Sommers“ aus Antonio Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ (op. 8 Nr. 1 und 2).
Nun ist dieser Konzert-Hit als Prüfstein für Sologeiger alles andere als eine Rarität. Anne Sophie Mutter begann damit ihre Karriere. Und der wild aufspielende Nigel Kennedy erzielte mit seinen „Jahreszeiten“ das meistverkaufte Klassikalbum aller Zeiten. Weit ab von solchem Star-Getöse leistete auch die in Lienzingen auftretende Violinistin und Primgeigerin des Eliot Quartetts, Maryana Osipova, die für die erkrankte Solistin Rebecca Raimondi eingesprungen war, mit ihrem erfrischend unkonventionellen Spiel Erstaunliches.
Weder romantisierende Gravität noch technische Rabiatheiten prägten Osipovas Interpretation. Stattdessen spürte man beim Zuhören den Frühling und den Sommer wie in einem impressionistisch hingetupften, fein differenzierten Farbenrausch. Ihr glänzend durchgestalteter Geigenton erzählte von Stimmungen und Befindlichkeiten, mit deutlichen Register-Brüchen beispielsweise von der lamentoreichen Hirtenklage über die sengende Mittagssonne und den befürchteten, folgenden Gewitter-Sturm im ersten Satz des „Sommers“. Die von der Solistin selbst angeleiteten Orchester-Ritornells sorgten mit lebendig atmender Phrasierungskunst für Tiefenschärfe in dem bekannten Musikgemälde der „Quattro Stagioni“. Die Allegro-Ecksätze wurden in sportlichen Tempi angegangen, oft ganz zart dagegen die „Largo“-Lyrik. Die gemeinsamen Tutti mit dem Orchester waren farbintensiv-füllig angelegt.
Eingeleitet wurde die Matinee, die Wallinger unter das Motto „All’Italiana“ gestellt hatte, mit den „Antiche Danze ed Arie“ (III. Suite) von Ottorino Respighi. Der Orchester-Chef sorgte für kontrastreiche Klangvarianten in den „Arie di Corte“, für fröhlich-schwungvolle Klangentfaltung der „Siciliana“ und eine tänzerisch betonte „Passacaglia“ zum Abschluss. Respighis Koloristik und virtuose Verwendung alter italienischer Instrumentalmusik kam dabei hervorragend zur Geltung.
Nachdem sich die vielen Zuhörer in der Pause im parkähnlichen Friedhof bei Lindenblütenduft „ergötzlich“ erholt hatten, offerierte die Süddeutsche Kammersinfonie noch das „Concerto per Archi“ des Filmmusik-Komponisten Nino Rota: ein aufmunternder, im Sound etwas schriller, mit maschinenhaften Rhythmen durchpulster instrumentaler Schluss-Gesang. Auch hierbei erfreute musikalischer Überschwang das begeisterte Publikum.
Autor: Eckehard Uhlig