Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim präsentiert dreimal ihr Neujahrskonzert
Bietigheim-Bissingen. Dass das Neujahrskonzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB) stets einen Besuch lohnt, wissen die Bürger in Murr genauso wie die Einwohner von Mühlacker, zwei der drei traditionellen Spielstätten der Jahreswechselauftritte des 1984 von Peter Wallinger gegründeten Orchesters. Der Bürgersaal des Murrer Rathauses sei wie der Uhlandbau in Mühlacker so gut wie ausverkauft gewesen, freute sich der Dirigent im Gespräch mit unserer Zeitung über den dortigen Zuspruch. Dagegen blieben in der Bietigheimer Kelter am Sonntagabend beim dritten und letzten Konzert der Veranstaltungsfolge noch ein paar Plätze frei.
Nachdenkliche bis humoristische Gedichte zwischen den Werken
Das mag ein wenig der im Winter doch etwas zugigen Örtlichkeit geschuldet gewesen sein: Manch ein Besucher zog es vor, Mantel oder Jacke anzubehalten. Obwohl es also auch für die Instrumente wie für die Finger ihrer Spieler eine Spur zu kalt war, geriet der in 16-köpfiger Besetzung angetretenen SKB der Auftakt ihres mit „Zauber der Natur“ überschriebenen Programms fabelhaft.
Mit kammermusikalischer Finesse ausgehört die folkloristischen Motive von „Im Volkston“ der Nr. 1 aus Edvard Griegs „Nordische Weisen“ (op. 63), berückende Schwebeklänge der Streicher, gekrönt von einem erblühenden Tutti im Finale, lustvoll ausgekostet der rustikale Überschwang im „Bauerntanz“.
Als Kleinod erwiesen sich Giacomo Puccinis „Chrysanthemen“: Das dreiteilige Andante mesto, musikalisch dem Opernliebhaber aus dem vierten Akt von „Manon Lescaut“ vertraut, ist eine Blaupause für hochemotionale melancholische Rückblenden, die Heerscharen von Hollywood-Filmmusikkomponisten inspiriert hat.
In „Der Winter“, dem vierten Konzert aus Antonio Vivaldis Zyklus „Vier Jahreszeiten“, beeindruckte Sachiko Kobayashi, Konzertmeisterin der SKB und Primgeigerin des international renommierten Lotus String Quartet, mit souveräner, unaufgeregt in sich gekehrter Gestaltung der bekannten Partitur.
Den strahlenden Mittelpunkt der zweiten Konzerthälfte bildeten die Darbietungen von Anne-Sophie Bertrand, der Solo-Harfenistin im Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks, einmal mit, einmal ohne Orchesterbegleitung. Wie ein Kompendium der Spieltechniken der chromatischen Harfe wirken die beiden Tänze der „Danses pour Harpe et Orchestre“, die Claude Debussy 1904 geschrieben hat. Wundervoll sanft wogend die perlenden Arpeggien, gezupften und gestrichenen Figurationen der „Danse sacrée“; statt eines Ringens zwischen Solostimme und Orchester, feiern beide in der „Dance profane“ ihre Symbiose. So wie die goldene Harfe von Bertrand das Zentrum der Bühne einnahm, wirkte ihre Partie wie ein teurer Kristall in der Mitte eines prächtig funkelnden Colliers. Solistisch interpretiert dann „La source“ von Alphonse Hasselmans sowie „Introduction, Cadenza & Rondo“ von Elias Parish-Alvars, zwei Werke zeitgenössischer französischer Komponisten, die den romantischen und impressionistischen Tönen huldigen, für die dieses Instrument so enorm prädestiniert scheint.
Zum Ausklang frühlingshafte Farben mit dem „Lied der Lerche“ aus „Die Jahreszeiten“ von Peter Tschaikowsky, ein Hauch von Wiener Neujahrsatmosphäre dann beim finalen „Walzer“.
Von nachdenklich über vergnüglich bis humoristisch reichte die Ausdruckspalette der Gedichte von Rainer Maria Rilke, Henrik Ibsen und anderen, die Frank Albrecht, Schauspieler am Theater Freiburg, zwischen den musikalischen Preziosen so pointiert wie klangvoll rezitierte.
Harry Schmidt