Sueddeutsche Kammersinfonie Bietigheim begeistert mit Gästen in Sachsenheim
Sachsenheim. Die Premiere fiel aus, wenn auch nicht ins Wasser. Erstmals sollte das Sommerkonzert im Serenadenhof des Lichtenstern-Gymnasiums stattfinden, wo das beliebte klassik-Open-Air während der noch bis voraussichtlich 2019 andauernden Sanierungsarbeiten im Wasserschloss ein Ausweichquartier gefunden hat. Doch das Wetterrisiko erschien zu groß: „Am Freitagvormittag mussten wir entscheiden“, sagt Andrea Fink, die Kulturreferentin der Stadt Sachsenheim. Somit wurde, auch wenn am Abend dann kein Tropfen viel, das Foyer der weiterführenden Schule am südlichen Ortsrand zur Spielstätte der Sueddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB), die Peter Wallinger vor mehr als 30 Jahren gegründet hat. Beglückend war die traditionsreiche Veranstaltung dennoch. Mit Anna Ritter und Daniel Koschitzky hatte Wallinger für das diesjährige Konzert, das am Sonntag nochmals in Lienzingen gegeben wurde, gleich zwei hochkarätige Blockflöten-Solisten gewonnen, die sich mit ihrem Ensemble „Spark“ bereits in jungen Jahren beachtliches Renommee erworben haben: „Kammermusik auf höchstem Niveau“ jubelte die Frankfurter Allgemeine. Für ihr Debütalbum wurden sie mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet. In den drei Sätzen von Vivaldis Concerto für Sopranino und Orchester (OP. 10 Nr. 3), das den sprechenden Beinamen „Il Gardellino“, zu Deutsch „Der Distelfink“ trägt, wurde sogleich die solistische Klasse von Koschitzky hörbar: Atemberaubend die stupende Virtuosität seiner Triller und Vorhalte in den tänzerisch bewegten Ecksätzen – die Imitation der Vogelstimme ist hier programmatisch gewollt. Lediglich bei den freigestellten Solostellen machte sich die suboptimale Akustik des Foyers mit etwas undefinierten Hallzeiten leicht bemerkbar.
Gefühlvoll singendes Legato im Cantabile, begleitet nur von Akkorden und Arpeggien des Cembalos sowie Mikael Samsonow am Cello. Koschitzky steigt auf Zehenspitzen im abschließenden Allegro, messerscharf die Tutti der SKB.
Eingebettet war diese hinreißende Darbietung in einen raffinierten Rahmen: Über zwei Jahrhunderte hinweg korrespondierten die Sinfonie in A-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach, mit dem die SKB das Konzert eröffnete, und Nino Rotas „Concerto per Archi“, das der italienische Grandseigneur der Filmmusik in den Jahren 1964 und 1965 geschrieben und 1977 überarbeitet hat. Deutlich der Anklang barocker Muster in den vier Sätzen: Die motorischen Ketten und kontrapunktischen Figuren nehmen klar Bezug auf die Tradition, ohne sich jedoch als Werk des 20. Jahrhunderts zu verleugnen. Die Aria verweist auf die berühmte Air von J.S. Bach.
Fabelhafte Präzision
Für dessen Brandenburgisches Konzert Nr. 4 in G.Dur (BWV 1049) trat nach der Pause Sachiko Kobayashi, Konzertmeisterin der SKB und Primgeigerin des international renommierten Lotus String Quartet, zum Solisten-Paar Ritter und Koschitzky, die auch als Duo firmieren. Fabelhaft, mit welcher Präzision sie ihre kantablen Kantilenen ineinandergreifen lassen. An Klarheit kaum zu überbieten Wallingers Dirigat: Wo er in der Sinfonie des Bach Sohns zum Auftakt die Kontraste der galanten Partitur schärft, unterstreicht er im Konzert des Vater die elaborierte Motivarbeit der drei Solisten mit transparentem, kammermusikalisch ausgerichtetem Ensembleklang.
Harry Schmidt