Knapp 200 Zuhörer bei der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim unter Leitung von Peter Wallinger
Passend zum ersten Schnee des Winters, stand das Neujahrskonzert unter dem Motto „Eine Winterreise“. Für Schubert-Fans eine Gelegenheit in Romantik zuschweigen.
Kulturamtsleiter Matthias Bader freute sich riesig. Erstmals in über 20 Jahren war das Konzert der SÜddeutschen Kammersinfonie Bietigheim uasverkauft. Unter den knapp 200 Zuhörern im Bürgersaal seien rund 8 Prozent Stammgäste, die sich schon lange vor dem Auftritt die Karten sicherten, schätzt er. Traditionell spielt sich das Ensemble unter der Leitung von Peter Wallinger hier in Murr für die Auftritte in der Heimatstadt und in Mühlacker warm.
Auf dem Programm stand hauptsächlich Franz Schubert mit den deutschen Tänzen Nummer eins und drei. Die Lieder „Wetterfahne“, „Gefrome Tränen“, „Frühlingstraum“ und „Der Leiermann“ aus dem Zyklus Winterreise. Das Menuett NR. drei in d-Moll und die „Arpeggio“-Sonate. Dazu wurden drei Sätze aus der Suite für Streichorchester des tschechischen Komponisten Leos Janacek aufgeführt.
Herausragend, mit welcher Leichtigkeit und sensibler Raffinesse die Musiker die Stücke interpretierten. Hervorzuheben ist dabei unbedingt die Konzertmeisterin Sachiko Kobayashi, die musikalische Zwiesprache mit der Solistin Hiyoli Togawa an der Viola hielt. Mit viel Gefühl waren die beiden die Reiseleiterinnen durch eine verschneite Winterlandschaft, die aber außerordentliche und stimmungsvolle Wärme verbreiteten.
Der Gründer und Leiter der Bietigheimer Kammersinfonie setzt Akzente und er führt die Musiker zu empathischem Ausdruck. Gemälde von Landschaften entstehen beim zuhören in den Köpfen, bei den Tänzen kribbelt es in den Beinen.
Musik wird so mit allen Sinnen erlebbar. Auch weil etwa die Texte der Lieder aus der Winterreise dem Programm zum Mitlesen beigelegt waren.
Auch so war der musikalische Abend mit literarischen Noten gewürzt. Nathalie Cellieiir und Peter Steiner vom Xenia-Theater Karlsruhe lasen Gedichte und Texte namhafter Schriftsteller. Erheiterndes wie Claudius‘ „Ein Lied hinterm Ofen zu singen“, dem Schiller’schen „Punschlied“ oder Kästners Beschreibung des Februar. Hönderlin wurde zitiert, Keller, Trakl und Domin soie Ulla Hahn, Annette von Droste-Hülshoff und Hermann Hesse. Auch Sprache wird so zur Melodie. Insbesondere wenn Cellier das Gedicht „Toile d’Hiver“ auf Französisch sprach. Das Publikum ist wie in einen Bann gezogen, immer bevor sich begeisterter Applaus seinen Bann bricht, herrscte eine beinahe andachtsvolle Stille, in der man Stecknadel fallen hören könnte. Die Künstler bescherten dem Publikum einen grandiosen, sehr stimmungsvollen Abend. Ein leicht verspätetes Weihnachtsgeschenk, auf das es sich absolut zu Warten lohnte.
Thomas Faulhaber