„Don Quijote“ für Kinder in der Bietigheimer Kelter
Bietigheim-Bissingen. So schlagfertig wie Don Quijote selbst ist, hat die Schauspieltruppe der Pyrmonter Theater Companie den bekannten Stoff um den spanischen Rebell für Kinder umgemünzt. Gestern hatte „Don Quijote oder die Macht der Fantasie“ Premiere in der Kelter in Bietigheim mit Live-Orchester, versteht sich. Musiker der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim liefern den musikalischen Hintergrund von Georg Philipp Telemann in einer Bearbeitung von Andreas Tarkmann.
Am Montag, Dienstag und Mittwoch gehört die Bietigheimer Kelter dem „Ritter der traurigen Gestalt“, die so traurig gar nicht sein muss. Mit viel Action steht die Pyrmonter Theater Companie auf der Bühne. Am Montag haben sich schon die ersten Bietigheimer Schulklassen vor Lachen gebogen. Alle drei Schauspieler sind Chamäleons, wenn es um das Schlüpfen in verschiedene Rollen geht. Schließlich decken sie zu dritt nicht nur die Protagonisten, sondern auch deren Umfeld ab. Companie-Mitbegründer Carl-Herbert Braun hat mit seiner Bearbeitung des Textes dem Helden neues Leben eingehaucht. Allein die Dialoge, die er mit sich selbst oder seinem Weggefährten und Nachbarn Sancho Pansa führt, sind von unseren gar nicht so weit weg. Natürlich jagen die beiden Tagträumen hinterher, sehen sich als „Castellan“ auf einem spanischen Schloss, Inselbesitzer oder kämpfen um den Ritterschlag bekanntlich sogar gegen Windmühlen, die Don Quijote für Riesen hält. Sancho Pansa verkörpert den bürgerlichen Familienvater, den zu Hause nur jede Menge Ärger erwartet, wenn er von seinen Abenteuern mit leeren Taschen und Riesenhunger nach Hause kommt. Warum er sich gemeinsam mit Don Quijote überhaupt auf den Weg macht, fragen sich die Zuschauer automatisch. Der Erzähler gibt zur Antwort: „Daheim kann man auch vor Langeweile sterben, wenn man immer nur vernünftig ist.“ Grundsätzliches Gedankengut auf Kinderebene für Erst- bis Viertklässler heruntergebrochen, liefert diese Inszenierung.
Immer wieder stoßen die Helden auf Überlegungen wie diese und regen im Stück nicht nur die Fantasie, sondern auch die Lust, sich kritische Gedanken über das Leben zu machen, bei den Kindern an.
Als Extrabonbon liefern sieben Musiker der Kammersinfonie Bietigheim das musikalische Gerüst zum Stoff nach dem berühmten Roman von Miguel de Cervantes. Sie sitzen direkt neben den Schauspielern auf der Bühne, lassen die Bögen im Tremolo erzittern und liefern Musik aus Profihand zu den vor Spannung knisternden Kampfszenen. Kulissen sind kaum nötig. Als Windmühle dient ein hochkantig gestellter Cellokoffer mit einem aufgespannten Regenschirm, und schon fliegen „Ross und Reiter übel zugerichtet durch die Luft.“ Suchen die beiden Helden Zuflucht im Steineichenwald, sorgt das kleine Orchester für die passenden Waldgeräusche. Diese Don Quijote-Inszenierung ist so erfrischend, dass sich selbst die Musiker auf der Bühne das Lachen nicht verkneifen können. Kombinationen wie diese zwischen Schauspiel und Musik sind so recht nach dem Geschmack der Kammersinfonie, die dafür bekannt ist, dass sie die projektbezogene Arbeitsweise mag.
Susanne Yvette Walter