Theaterstück von Jörg Schade und Franz-Georg Stähling begeistert mit Schlichtheit, Witz und klassischer Musik
Auf der Bühne sitzt ein schönes Fräulein im Ballkleid auf einer Kutsche aus überdimensionalen Legosteinen. 250 Kinder erzeugen im Publikum trommelnd laute Donnergeräusche und sorgen mit kleinen Wasserpistolen für Regenschauer. Auf Fagott, Harfe und Querflöte begleitet ein Musiktrio direkt neben dem ungewöhnlichen Bühnenbild das Geschehen mit klassischer Musik. Das Schauspiel in der Bietigheimer Kelter erinnert auf den ersten Blick kaum an einen Besuch in der Oper oder an das bekannte Märchen vom Aschenputtel.
Doch mit eben dieser Kombination aus Gioachino Rossinis „La Cenerentola“ und der bekannten Erzählung der Gebrüder Grimm begeistert das Musiktheaterstück „Aschenputtel räumt auf“ von Jörg Schade und Franz Georg Stähling nicht nur die kleinen Besucher. In Zusammenarbeit mit der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim unter der Leitung von Peter Wallinger hat der Schauspieler, Autor und Regisseur Jörg Schade neben der Darbietung einer unterhaltsamen Show für Kinder ab sechs Jahren vor allem ein Ziel: „Ich möchte Kindern die Scheu vor der klassischen Musik nehmen, sie dafür begeistern“, so der Künstler aus Bad Pyrmont.
Und das gelingt dem Team seit 2004 mit so großem Erfolg, dass die Schülerkonzertreihe des Kulturamts Bietigheim-Bissingen dieses Jahr vom 4. bis 6. Februar sechsmal in der ausgebuchten Kelter vorgeführt wird. „Jörg Schade ist einfach ein kreativer Kopf und ein genialer Künstler“, so Peter Wallinger. In der Rolle des Schlossgärtners von Montefiasco führt Schade alias Paolo als Erzähler durch das Märchen und gestaltet die Kulisse mit nur zehn Legosteinen aus Schaumstoff immer wieder neu – so wird die Küche mit wenigen Handgriffen zum Schloss und dieses wiederum zur Kutsche. „Die Lego- steine kommen aus der Lebenswelt der Kinder und regen ihre Fantasie an“, kommentiert Schade seine ausgefallene Idee. Von Anfang an bezieht er das junge Theaterpublikum ins Geschehen ein, sorgt mit frechen Sprüchen und lustigen Kostümen für Lacher und führt die Kinder geschickt an die Musikwelt der Oper heran. So erfahren sie, dass der klare Klang des „Engelflügels“ von Harfenistin Marlene Angerer auf 47 Saiten und mit Pedalen erzeugt wird, die silberne Flöte von Verena Guthy-Homolka eine sogenannte Querflöte ist und das große Blasinstrument von Frank Lehmann nicht – wie in der Raterunde vermutet – als Trompete oder Saxofon, sondern als Fagott bezeichnet wird.
Schade schlüpft außerdem in die Rolle des geizigen Barons Don Magnifico, der gemeinsam mit seinen beiden verwöhnten Töchtern Clorinda und Tisbe zum Schloss des Fürsten Ramiro eingeladen wird. Einzig der dritten Tochter des Hauses wird der Gang zum Ball und damit die Chance auf eine Hochzeit mit dem Fürsten verwehrt. Nämlich dem Aschenputtel, gespielt von Mezzosopran-Sängerin Maria Rebekka Stöhr, die damit die harmonische Zwei-Mann-Show auf der Bühne komplettiert. „Es ist beeindruckend, wie einfach sie eine so fantasievolle Welt gestalten“, sagt Sabine Martz, die als Lehrerin der Grundschule Benningen jedes Jahr die Schülerkonzertreihe besucht. Mehr als zwei Akteure, das Musiktrio und die Lego-Kulisse braucht die Inszenierung auch nicht. Den Rest übernehmen die Schulkinder selbst. Sie sorgen für die gewünschte Wetterlage auf der Bühne und verstecken das Aschenputtel, nachdem dieses seinen Schuh auf dem Ball verloren hat. Sängerin Maria Rebekka Stöhr freut sich als Aschenputtel natürlich über ein glückliches Ende und sorgt mit einer finalen italienischen Arie für staunende Kinderaugen. „So einen Gesang habe ich noch nie gehört. Das war toll“, sagt die siebenjährige Mona strahlend.
Laura Wolf