Zur Zeit der Entstehung waren es oft bahnbrechende Werke, heute gehören die am Sonntagabend von der Sueddeutschen Kammersinfonie gespielten Kompositionen zu den beliebten Teilen eines Konzertes.
Nach einer kompetenten Einführung durch Christina Dollinger, Musikwissenschaftlerin mit dem Augenmerk auf das musikalisch Besondere, eröffneten Peter Wallinger und die Sueddeutsche Kammersinfonie mit der „Pavane pour une infante défunte“ von Maurice Ravel das Programm im Bietigheimer Kronenzentrum. Schon als Klavierstück hatte das Werk des Komponisten höchstes Lob erfahren, seine Bearbeitung für Orchester scheint noch mehr die Würde der Stimmung wiederzugeben. Tiefe Bläser, große Bögen und wunderbare Klangteppiche schienen für das Orchester genau zu passen, die Interpretation vermittelte eine beeindruckende Stimmung. Dann kam der Kontrast: Ein heiterer Mozart, der seine 30 Klavierkonzerte vor allem für sich selbst komponiert hat. Als erster freiberuflicher Musiker der Musikgeschichte war er darauf angewiesen, seine Werke selbst aufzuführen. Der Interpret des A-Dur Konzerts KV 488 ist kein Unbekannter in Bietigheim: Bernard d`Ascoli hat schon Beethoven mit der Kammersinfonie gespielt und spricht begeistert von der Zusammenarbeit mit dem Orchester. So unsicher, wie sich der blinde Pianist auf der Bühne bewegt, so sicher ist sein Spielen. Alle Sensoren dieses sensiblen Musikers scheinen auf Hören ausgerichtet zu sein. Während die schnellen Sätze des Werkes eher kraftvoll mit etwas Beethoventendenz erklangen, zauberten die Musiker ein wunderschönes Adagio, das von der Farbgebung schon ein wenig in die Romantik verwies. Besonders beglückend waren die beiden Zugaben des Pianisten, ein Schubert Impromptu und ein Walzer von Chopin, die außerordentlich virtuos und zugleich berührend von d‘Ascoli musiziert wurden.
Das bahnbrechendste Werk in der Geschichte der modernen Musik, „L´après-midi d´un faune“ von Claude Debussy, eröffnete den zweiten Teil des Programms. Was der Komponist unter dem Einfluss asiatischer Musik an neuen Klängen auf die Partitur übertrug, ist heute in seiner Unerhörtheit kaum noch nachvollziehbar. Musik und Malerei vereinigten sich zu Bildern in den schönsten Farben. Allein der Beginn, ein wunderschönes Flötensolo, impressionistische Orchesterbilder, die kaum der rhythmischen Struktur bedürfen, nehmen den Hörer mit auf eine Reise zu Farben, Bildern, Fantasien. Peter Wallinger und sein Orchester gaben mit ihrer Wiedergabe diesem besonderen Werk alle Ehre. Den Abschluss machte nicht ein romantisch-schwermütiger, sondern ein heiterer Franz Schubert mit seiner Sinfonie in B-Dur. Einige Bläser verließen die Bühne, und die sinfonische Besetzung verkleinerte sich, zumindest bei den Bläsern, auf Solistenformat. Das Werk wird die “kleine Sinfonie“ genannt, dennoch präsentiert sie sich in Klarheit und musikalischer Größe. Auch dieses Werk schien den Musikern unter Peter Wallinger auf den Leib geschrieben. Schwungvolles Musizieren und klare Interpretation der klassischen Form zeichnen das interpretatorische Konzept der Kammersinfonie und ihres Leiters aus.
Irene Schmidt-Makowiec