Die vierte Saison der Konzertreihe „Mühlacker Concerto“ im Uhlandbau beendete dessen Gründer Peter Wallinger zusammen mit seinem vor mehr als 25 Jahren ins Leben gerufenen Orchester, das heute den Namen „sueddeutsche kammersinfonie bietigheim“ trägt, am Samstagabend mit „klassisch-romantischen Höhenflügen“.
Die herausragenden Solisten Ursula Schoch (Violine) und Johan van Iersel (Violoncello) vom weltberühmten Concertgebouw-Orkestra Amsterdam verliehen dem Programm zusätzlichen Glanz.
Das nur sehr selten aufgeführte Werk von Maurice Ravel „Menuet antique“ war zu Beginn des gut besuchten Konzerts, das mit dem selben Programm am Abend zuvor auch in Bietigheim-Bissingen dargeboten wurde, zu hören. Farbenreich instrumentiert ist diese Komposition aus dem Jahr 1898. Durch die „sueddeutsche kammersinfonie bietigheim“ erlebte es eine hell schillernde, kontrastreiche Wiedergabe. Das Orchester breitete bereits mit diesem kurzen Stück vom ersten Takt an seine facettenreiche und lebendige Gestaltungskraft aus.
Prager Sinfonie von Mozart wird sehr expressiv interpretiert
Wahrhaft bravourös interpretierten Peter Wallinger und sein Orchester die Sinfonie Nummer 38 in D-Dur, KV 504, genannt die „Prager Sinfonie“, von Wolfgang Amadeus Mozart. Das feierlich wirkende, den ersten Satz einleitende Adagio, wurde in würdevoller Breite ausgeführt. Doch im anschließenden Allegro ließ Wallinger bereits erahnen, was er mit diesem oft gespielten Werk Mozarts noch vorhatte.
Ein frischer Wind wehte durch die Streicherregister, die darin von den Bläsern akzentreich gestützt wurden. Behutsam schreitend führte die „sueddeutsche kammersinfonie bietigheim“ die eingängigen Themen des Andantes aus, und damit erschloss sich die kompositorische Pracht des Werks mit seinen vielfarbigen Klangnuancen. Doch darauf folgte ein in forciertem Tempo aufgeführtes Finale Presto.
Diese vehement drängende, gleichwohl aber in strahlendem Orchesterglanz dargebotene Aufführung des dritten Satzes der Mozart-Sinfonie aus dem Jahr 1787 mag Puristen zumindest erstaunt, möglicherweise sogar verärgert haben, doch eigentlich kam mit solcher expressiven Gestaltung die mitreißende Energie der Komposition vollendet zur Geltung. Für die Orchestermitglieder galt allerdings, dass sie sich mit dieser glutvollen Interpretation bis an die Grenze des noch Realisierbaren vorwagten.
Äußerst farbenreich ist das Konzert für Violine, Violoncello und Orchester in a-moll, Opus 102, von Johannes Brahms. Es enthält eine enorme Fülle reizvoller gestalterischer Aufgaben für die beiden Solisten.
Wieder war es Peter Wallinger gelungen, seine einstige Schülerin und heutige Konzertmeisterin am Concertgebouw-Orkestra Amsterdam, Ursula Schoch, für die beiden Konzerte am Wochenende zu gewinnen, und sie brachte ihren Kollegen Johan van Iersel vom selben Klangkörper mit, der dort den Posten des Solocellisten bekleidet.
Diese beiden exzellenten Virtuosen begeisterten vom ersten Takt an mit ihrer vitalen Musizierkunst. Die sinfonische Opulenz der im Jahr 1887 entstandenen Komposition brachte die „sueddeutsche kammersinfonie bietigheim“ unter Peter Wallingers anregender Leitung in der Begleitung der Solisten im Uhlandbau vehement zum Ausdruck.
Deren impulsives, zugleich aber auch beglückend einfühlsames Spiel spiegelte die spätromantische Grundstimmung des dreisätzigen Werks wider. Vor allem im zweiten Satz, einem Andante, trat diese markant hervor. Liebliche Geigentöne vereinigten sich mit der fülligen Wärme des Violoncellos und ließen damit delikate Klanggebilde wachsen.
Am Beginn des dritten Satzes faszinierte ein energiegeladenes Zwiegespräch der beiden Soloinstrumente, das in kontrastreiches, farbiges, durchaus auch tänzerisch anmutendes Zusammenspiel mit der transparent und klangprächtig musizierenden „sueddeutschen kammersinfonie bietigheim“ überging. Ursula Schoch und Johan van Iersel wurden mit lang anhaltendem, freudigen Applaus verabschiedet.
Rudolf Wesner