Auf ausgetretenen Pfaden wandelt Peter Wallingers „sueddeutsche kammersinfonie bietigheim“, die mit einem Festkonzert im Mühlacker Uhlandbau ihr 25-jähriges Bestehen feiern konnte, gewiss nicht. Das Eröffnungsstück des Bietigheimer Komponisten Hans Georg Pflüger (1944-1999) ist selten zu hören, bildete nicht nur wegen seines Titels „Strahlende Pforte“ einen sinnfälligen Konzert-Eingang und konfrontierte das überraschte Publikum mit freier Atonalität. Unmittelbar aus dem Stimmvorgang des Orchesters entwickelte sich über dissonant schrillen Streicherflächen assoziativ und aufwendig gestalteter Bläserklang. Trompeten-Akzente oder lärmende Tutti mündeten in ein mitreißendes Finale ein.

Dann erlebten die Zuhörer als ausgleichenden, wohltuenden Ohrenschmaus Wolfgang Amadeus Mozarts D-Dur-Konzert (KV 218) für Violine und Orchester. Und zwar mit einer hochkonzentriert aufspielenden Sologeigerin Ursula Schoch, die 1990 am Beginn ihrer Karriere als Debütantin bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen schon einmal mit diesem Werk des Salzburger Musikgiganten reüssierte. Seinerzeit überhäuften die Kritiker „die junge Nachwuchskünstlerin“ mit überschwänglichem Lob und attestierten „eine großartige, im Dienst der Musikalität stehende Technik und hohes Gestaltungsvermögen“. Dem ist auch heute wenig hinzuzufügen. Der Dialog mit dem Orchester im „Allegro“ zeichnete sich durch geschmeidige Flexibilität aus. Mit samtig voller Klangpracht strömte im Mittelsatz („Andante cantabile“) die innige Melodie wie sinnlich weicher Gesang. Die tänzerisch temperamentvollen Abschnitte im „Rondeau“-Finale wirkten ungemein frisch. Bemerkenswert fein ausgearbeitete Kadenzen und Spieleleganz kamen hinzu. In der Zugabe erfreute Schoch mit einem melancholisch-wehmütigen, zart ausgeführten Satz von Johann Sebastian Bach („Adagio“ aus der g-Moll-Violinsonate BWV 1001).

Nach der Pause kam die Stunde des (sowohl im Bläser- als auch im Streicherbereich deutlich verstärkten) Orchesters. Robert Schumanns Sinfonie Nr.4 (in d-Moll, op.120) stand auf dem Programm und wurde mit Klangschönheit und Verve gemeistert. Wobei ergänzt werden muss, dass der schwerflüssige Eindruck, der Zuweilen bei Wiedergaben von Schumanns Orchestermusik mit großen Philharmonien entsteht, in der Mühlacker Interpretation völlig vermieden wurde. Wallingers Deutung beeindruckte durch musikalische Geschlossenheit, durch Binnenspannung und hoch-fliegenden Schwung, war erfüllt von drängender, wogender Heftigkeit.

R. Uhlig

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