Klassik-Open-Air Sachsenheim muss ins Kulturhaus umziehen

Hagel, Starkregen und Gewitter am Samstagnachmittag verwandelten das Klassik-Open-Air im Sachsenheimer Schlosshof in ein Saalkonzert im geschützten Kulturhaus. Schön wars trotzdem.

Finster und bedrohlich klangen die Harfenklänge durch das weite Rund des Saals und ließen den nahen roten Seuchentod erahnen, der Edgar Allan Poes Kurzgeschichte „Masque of the Red Death“ zu einem Gruselabenteuer werden lässt. Sogar die zwölf dumpfen Schläge der Turmuhr ahmte Anne-Sophie Bertrand auf ihrer imposanten, goldbesetzten Harfe nach und versetzte die rund 80 Besucher im Kulturhaus damit endgültig in Schauerstimmung. Der französische Komponist und Dirigent André Léon Caplet hat in seinem musikalischen Werk „Conte fantastique“ eindrucksvoll und zugleich beklemmend die Geschichte Poes nacherzählt, und Solistin Bertrand ist es gemeinsam mit dem Streichquartett der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim gelungen, dieses Musikstück knisternd zu interpretieren.

Dies war nur einer der zahlreichen Höhepunkte beim Sachsenheimer Klassik-Open-Air, aus dessen Anlass Harfenistin Bertrand bereits zum zweiten Mal mit den Musikern der Kammersinfonie auftrat. Leiter und Dirigent Peter Wallinger hatte die mehrfach ausgezeichnete Künstlerin über ihr Engagement beim Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks kennen gelernt. „Ich habe schon lange für bestimmte Stücke eine sehr gute Harfenistin gesucht, und auch für Anne-Sophie Bertrand war unser kleines bewegliches Orchester genau richtig“, betonte Wallinger, der mit seinen Musikern schon zum 16. Mal in Sachsenheim auftrat. „Ich schätze die familiäre Atmosphäre sehr. Das Konzert in dem relativ kleinen Saal hat ein sehr intimes Ambiente. Natürlich wäre die Akustik im Schlosshof besser gewesen, aber für empfindliche und teure Instrumente wie die Harfe war die Witterung heute einfach zu riskant“, erklärte Wallinger.

Aus diesem Grund hat sich die Sachsenheimer Kulturamtsleiterin Elke Bauernfeind auch dazu entschlossen, das Klassik-Open-Air in den Saal des Kulturhauses zu verlegen, obwohl am Samstagabend die Sonne vom blauen Himmel lachte. „Am Nachmittag sah das noch ganz anders aus, denn da bedeckten dicke Hagelkörner die Straßen, die keinen Aufbau für das Konzert zugelassen hätten. Wir wollten auf der sicheren Seite sein“, sagte sie.

Die musikalische Klasse des Kammersinfonie, deren Musiker nicht nur aus Bietigheim und Umgebung kommen, sondern für die Konzerte teilweise auch aus Wien und Antwerpen anreisen, wurde auch beim dritten Brandenburgischen Konzert von Johann Sebastian Bach deutlich. Dieses dem Markgrafen Christian Ludwig von Brandenburg-Schwedt gewidmete Werk bildete am Samstagabend den beschwingten und lebendigen Auftakt des Konzerts im Kulturhaus, bei dem das Streichorchester der Kammersinfonie noch alleine auftrat. Solistin Bertrand konnte ihre musikalisches Talent wiederum bei Maurice Ravels „Introduktion und Allegro“ unter Beweis stellen. Im schwungvollen Stück konnte sie die unterschiedlichen Klangfarben ihres Instruments eindrucksvoll zum Ausdruck bringen. Den Abschluss des gelungenen Konzertabends bildete schließlich die „Suite für Streichorchester“ von Edvard Grieg, die zu Ehren des dänischen Dichters Ludvig Holberg 1884 entstand. Mit diesem tänzerisch leichten, festlichen Werk in fünf Sätzen begeisterten die 20 Musiker nochmal ihr Publikum, das mit Applaus nicht sparte.

Michaela Glemser

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