Mühlacker. Die meist ein Feuerwerk geistreicher Laune versprühenden Konzerte zum Jahreswechsel – eine Erfindung der 1940er-Jahre in Wien – leben von Strauß’schen Walzern und Polka-Tänzen. Peter Wallingers inzwischen zur Tradition gewordene Neujahrskonzerte sind anders, besonders, ausgefallen, erlesen.
Ein im Rahmen klassischer Musik eher selten zu hörendes Instrument steht im Mittelpunkt, vor allem bestimmen intime Klänge das Konzertgeschehen. In diesem Jahr präsentiert der Dirigent zusammen mit seiner sueddeutschen kammersinfonie bietigheim unter dem Motto „Passione italiana“ den sizilianischen Gitarristen Santy Masciarò. Eine exemplarische Interpretation des „Concerto D-Dur für Gitarre und Orchester“ (RV 93) von Vivaldi (1678-1741) eröffnet die musikalischen Neujahrsgrüße in Mühlacker. Masciarò zupft ganz zart die Saiten, wirbelt mit der linken Spielhand über das Griffbrett und erzeugte mit gleitenden Fingerkuppen lieblich silberhellen Gesang. Temperamentvoll im Ton oder mit den Solo-Passagen zärtlich verschlungen, umspielen die Streicher unter Wallingers einfühlsamer Leitung die Gitarre, geben Einsatzimpulse und sorgten für instrumentalen Farben-Glanz.
Noch venezianischer dann der Soloauftritt Masciaròs mit der Komposition „Carnevale di Venezia“ von Francisco Tárrega (1852-1909), einem Variationen-Stück über ein Thema von Nicolo Paganini, dessen Melodie auch als Gassenhauer „Mein Hut, der hat drei Ecken“ bekanntgeworden ist. Delikater Klangsinn und raffinierte Virtuosität kommen zum Vorschein, mit Sprüngen über mehrere Oktaven, lustvoll akzentuierten Skalen, Wehmutsklängen, die an zarte Lauten-Poesie erinnern, oder – im Kontrast dazu – Ton-Salven mit rauschenden Arpeggien-Folgen. Außerdem kam Dante Alighieri mit Gesängen aus seiner „Divina Commedia“ zu Wort, die Santy Masciarò italienisch-melodiös auswendig rezitierte. Konzertstücke von Rossini (1792-1868), Mauro Giuliani (1781-1829) und Nino Rota (1912-1979) runden die vom Publikum bejubelte Matinee im ausverkauften Uhlandbau-Saal ab.
Eckehard Uhlig