Die Kammersinfonie hat das Neujahrskonzert in der Gemeinde gestaltet. Zu einer geschätzten und lieb gewonnen Tradition haben sich die vom Kulturprisma alljährlich zum Jahresbeginn veranstalteten Konzerte entwickelt, die inzwischen immer mehr Besucher aus der Umgebung anlockt.
Während sich viele Musikfreunde jährlich auf die aus Wien im Fernsehen am Neujahrstag übertragenen Polka- und Walzerrunden mit dem Radetzkymarsch zum Abschluss freu en, dürfen die Neujahrskonzert-Besucher in Murr stets Überraschendes und Neues erwarten: In diesem Jahr – beim 20. Konzert mit der Süddeutschen Kammersinfonie – hat der Dirigent Peter Wallinger einmal mehr mit seinem En- semble junger Musiker diesen Erwartungsanspruch erfüllt und mit seinen „Nordischen Impressionen“ eindrucksvoll unter Beweis gestellt, wie Sprache, in Verse gesetzt, zu Musik werden kann.
Von den 50 Runen (Gesänge mit insgesamt fast 23 000 Versen) aus dem finnischen Nationalepos „Kalevala“ hat Peter Wallinger einige Runen ausgewählt, die von Sylvia Hartmann und Andreas Abendroth rezitiert wurden – und das so gekonnt, dass das gesprochene Wort und die vom Orchester gespielte Musik zu einer großartigen Einheit verschmolzen. Kalevala-Runen und die ausgewählten Stücke von Edvard Grieg, Max Bruch, Pehr Henrik Nordgren, Carl Nielsen, Jean Sibelius und Benjamin Britten ergänzten sich zu musikalischer Erzählkunst vom Feinsten, die ins dämmerdunkle Nordland führten, wo „alle Lauscher“ in Zauberschlaf fielen. Nicht so die Konzertbesucher im Murrer Bürgersaal, die sich vom Bauerntanz (Grieg), schwedischen Volksmelodien (Bruch), dem „Saitenzupfer“ (Nordgren), der „Humoreske“ (Sibelius) oder der „Simplen Symphonie“ (Britten) großartig unterhalten fühlten.
Sprachlich wunderschöne Rezitationen des Sprachgestalter-Duos auf der einen, filigran durchsichtig, elegant, ebenso engagiertwie brillant musizierend die Kammersinfonie auf der anderen Seite servierten der vom Publikum im voll besetzten Saal mit starkem Beifall aufgenommen wurde. Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim zeichnet sich auch im 25. Jahr ihres Bestehens als ein faszinierend frischer Klangkörper aus, erfreute die Zuhörer durch ihr vitales klangdifferenziertes Spiel. Die Konzertmeisterin Sachiko Kobayashi (Violine) gefiel auch mit ihrem fantastischen Soloeinsatz.
Kulturamtsleiter und Kulturprismagründer Matthias Bader erinnerte bei den Grußworten zum 20. Neujahrskonzert an das Motto „Wir probieren’s mal“, das beim ersten Konzert vor zwei Jahrzehnten Pate stand und dankte dem Dirigenten Peter Wallinger, der mit tollen Programmen zur erfolgreichen Entwicklung der Neujahrskonzerte beigetragen habe sowie den treuen Besuchern.
Helmut Schwarz