Mühlacker-Lienzingen. Solisten und Orchester musizierten furios. Das herausragende Ereignis beim Festkonzert „40 Jahre Musikalischer Sommer“ in der Lienzinger Frauenkirche war natürlich der Auftritt des Blockflötisten Daniel Koschitzki, seines Zeichens Echo-Klassik-Preisträger, der schon mehrfach in Konzerten mit Peter Wallingers sueddeutscher kammersinfonie bietigheim begeisterte.
In Antonio Vivaldis Concerto „Il Gardellino“ (Der Distelfink) für Sopranino-Flöte und Orchester op. 10 Nr. 3 entzündete der Solist in den Allegro-Ecksätzen ein musikantisches Brillantfeuerwerk an Farben und Formen, an kunstvoll verzierten Sprüngen und Läufen oder nachhallend „schlagenden“ Rufen, eben lautmalerisch silberhell trillernden und zwitschernden Vogel-Liedern – passend zum gleichnamigen Bild des Barockmalers Carel Fabritius. Im langsamen, sehr zart intonierten und nur von Cembalo und Cello begleiteten „Cantabile“-Mittelsatz erinnerte die Sopranino-Vogelstimme mit Wehmutsgesang an die verlorene Freiheit des domestizierten kleinen Distelfinken, denn er bleibt mit einer Kettchen-Schnur an seinen Hochsitz gefesselt. Ein zauberhaft-fantastisches Klangfest ging von dieser Interpretation aus.
Johann Sebastian Bachs Brandenburgisches Konzert Nr. 4 G-Dur (BWV 1049) war in Originalbesetzung mit solistischer Violine (Konzertmeisterin Sachiko Kobayashi) und zwei solistischen Barockflöten (Koschitzki und Andrea Ritter) zu hören. Gleich der erste Satz eröffnete mit wiegender Flötenmelodik, dann übernahm die Geige die Führung. Immer wieder standen sich Streicher-Tutti und Solistengruppe im Dialog gegenüber. Alle Stimmen und Linien blieben unerhört transparent, auch in temperamentvollen Aufschwüngen oder feinen Echo-Wirkungen. Gewohnt stilsicher, mit sauberen Phrasierungen und facettenreichen Klangfarben interpretierte das Orchester unter Wallingers aufmerksam-motivierender Leitung auch zwei weitere Werke des Festprogramms. Nicht zum ersten Mal überraschten Wallinger und sein Ensemble mit Werken von Carl Philipp Emanuel Bach. Diesmal beeindruckten in dessen Sinfonie A-Dur, Wq 184, vor allem die konzertante Strahlkraft, Dynamik und Rasanz der Komposition, deren Aufführung wie eine Fest-Ouvertüre wirkte. Und Nino Rotas „Concerto per Archi“ erfreute trotz einiger schmerzhaft-moderner Dissonanzen mit wellenförmigem Fluss der Klangströme und leidenschaftlichen Steigerungen. Eine musikalische Matinee mit Glücksmomenten in würdigem Ambiente.
Eckehard Uhlig