Mit einer Weltpremiere gastieren die Harfenistin Anne-Sophie Bertrand und die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim in Lienzingen.
Bietigheim-Bissingen. „Es ist alles dreimal so viel Arbeit, aber wir lassen nicht locker“, sagt Peter Wallinger. „Daten der Besucher wollen erfasst, Hygienekonzepte erstellt und Abstandsregelungen umgesetzt werden – das ist schon ein Riesenaufwand“, so der Dirigent der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB). „Aber wir verzeichnen auch eine riesengroße Nachfrage.“
Bereits im Juni gastierten das Marimba-Duo Katarzyna Mycka und Conrado Moya, das Lotus String Quartet und Gaby Pas-Van Riet, die ehemalige Soloflötistin des RSO Stuttgart, bei seiner Konzertreihe „Musikalischer Sommer“ in der Lienzinger Frauenkirche – das Eröffnungskonzert konnte erst am Vortag genehmigt, musste aufgrund der reduzierten Platzkontingente dann aber zweimal gespielt werden, um allen Kartenwünschen nachkommen zu können. Auch der nach wie vor rege Zuspruch, den die kostenfrei abrufbaren Videoaufzeichnungen der SKB erfahren, sowie die anhaltende Unterstützung durch private Spendenzuwendungen stimmen Wallinger zuversichtlich. Von staatlichen Förderprogrammen habe die SKB, trotz einiger Bemühungen, hingegen nicht profitieren können. Umso erfreulicher, dass Wallinger auch am Format der „Sommerlichen Serenade“ festhält, die als nächste Episode des „Musikalischen Sommers“ heute Abend und morgen Vormittag in der Frauenkirche ansteht. Dass das Konzert nicht wie in den Jahren zuvor auch in Sachsenheim gegeben wird, liege indes daran, dass die Stadt alle Veranstaltungen im ersten Halbjahr frühzeitig abgesagt habe, erklärt Wallinger. Dabei handelt es sich bei der diesjährigen Serenade um ein besonders „ambitioniertes Vorhaben“ (Wallinger): Mit „L’Oiseau bleu“ für Harfe und Streicher (op.89) kommt ein neues Werk des britisch-französisch-israelischen Komponisten Nimrod Borenstein erstmals zu Gehör. Gewidmet der Harfenistin Anne-Sophie Bertrand, sollte das „höchst filigrane Werk“ ursprünglich im vergangenen Jahr bei einem Festival in Cardiff uraufgeführt werden. Nachdem dies pandemiebedingt nicht stattfinden konnte, ging die Soloharfenistin des hr-Symphonieorchesters Frankfurt mit der Idee, die Weltpremiere mit den Streichern der SKB zu realisieren, auf Wallinger zu, mit dem sie eine langjährige Zusammenarbeit verbindet. Auf die Empfehlung Bertrands hin kam es zum persönlichen Kontakt zu Borenstein – letzte Woche sei man in einer intensiven Videokonferenz die Partitur zusammen durchgegangen, erzählt Wallinger. In der Überlagerung verschiedener Rhythmen polyrhythmisch angelegt, berge „L’Oiseau bleu“ einige Herausforderungen für die Musiker.
Zudem gefalle ihm, dass es „nicht abstrakt“ ist, sondern unterschiedliche Bilder – Walzer, Märchenhaftes, Dramatisches – abruft. Umgekehrt handle es sich aber auch nicht um Programmmusik: „Da hört man keinen blauen Vogel flattern“ – der Name sei erst nachträglich entstanden: eine Impression. Von dort aus ergab sich ein Bezug zu Claude Debussy („Danse sacrée et Danse profane“) einerseits, zu Pablo Casals’ „El cant dels Ocells“ (Der Gesang der Vögel) andererseits. Umgeben von einer Klammer aus Joaquin Turinas „La Oración del Torero“ und Edward Elgars „Serenade e-moll“ (op. 20), soll ein „flirrender, bunter“ Programmbogen entstehen, ein Bilderreigen gewissermaßen, der „die Leichtigkeit des Seins“ feiert, verspricht Wallinger.
Info: Sommerliche Serenade der SKB mit Anne-Sophie Bertrand heute (19 Uhr) und morgen (11 Uhr) in der Frauenkirche Lienzingen. Vorbestellungen sind unter Telefon (07043)958393 und per E-Mail unter susanne@boekenheide.net möglich. Eine Impf- oder Testnachweispflicht besteht nicht.
Autor: Harry Schmidt