Die neue CD der sueddeutschen kammersinfonie bietigheim liegt vor
Es ist die zehnte CD in der Reihe „Kammersinfonie live“ und sie ist eines kleinen Jubiläums mehr als würdig. Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim spielt Musik wie aus einem Breitwandfilm. Wenn man die CD-Reihe der Kammersinfonie Bietigheim durchgeht, glänzt die zehnte Ausgabe wie eine Perle. Mit der Auswahl der Kompositionen, die alle eine ungewöhnliche Geschichte in sich tragen, hat Peter Wallinger, musikalischer Leiter der Kammersinfonie, ein überaus glückliches Händchen bewiesen. Der Hörer fühlt sich in einen Film versetzt.
Ein kleines Jubiläum: Die Süddeutsche Kammersinfonie unter Leitung von Peter Wallinger (links) hat in der Reihe „Kammersinfonie live“ ihre zehnte CD veröffentlicht. Foto: Martin Kalb
Vorspann: Die neue CD hat zwei Hauptrollen. Die aus Paris stammende Solo-Harfenistin Anne-Sophie Bertrand und die Pianistin Magdalena Müllerperth. Beide verfügen über ein hohes musikalisches Niveau, das live mit dem Orchester verwoben wird.
Szene 1: Schon der Auftakt mit der Suite für Streichorchester „Aus Holbergs Zeit“ von Edvard Grieg ist hoch emotional und greift den zierlichen und fein tänzerischen Stil des späteren Rokoko auf. Grieg schrieb dieses Stück für die Feiern zum 200. Geburtstag des norwegisch-dänischen Lustspieldichters Baron Ludvik von Holberg, die Uraufführung dirigierte er, „im Pelz und in Pelzstiefeln mit dito Mütze“. Er selbst glaubte allerdings, damit seine Persönlichkeit verleugnet zu haben. Daher empfand Grieg den großen Erfolg, den die Suite hatte, „als leider nicht sehr schmeichelhaft für meine Kunst“. Wie alles bei ihm ein Irrtum, besonders in der farbigen Interpretation der Kammersinfonie.
Szene 2: In der folgenden „Introduktion und Allegro“ von Maurice Ravel glänzen Anne-Sophie Bertrand an der Harfe, Verena Guthy-Homolka an der Flöte und Martin Nitschmann an der Klarinette. Ravel arbeitete sehr eilig an dem Werk, die Komposition musste vor Antritt einer Schiffsreise fertig werden. Eile wird auf der CD in Kontrastreichtum übersetzt, über weite Strecken, vor allem in der Verdichtung der einzelnen Instrumente mit der Fülle der Streicher, zaubert die Kammersinfonie hier ganz großes musikalisches Kino.
Szene 3: Drei Sätze Robert Schumann „Klavierkonzert a-moll op.54“. Eine kleine Fantasie, der Schumann ein Intermezzo und ein Rondo hinzufügte und damit das Klavierkonzert in a-Moll vollendete. Sehnsucht und herbeigesehntes Glück zweier sich liebender Menschen, das von Magdalena Müllerperth am Klavier bis zu einem musikalisch furiosen Ende getrieben wird. Übrigens: Schumann setzte mit dieser Komposition seinen Kampf um Clara Wieck musikalisch um. Mit Erfolg, er heiratete sie schließlich im Jahre 1840.
Szene 4: Robert Schumanns „Der Abend“ ist der erste Teil eines Zyklus von acht Klavierwerken, inspiriert von Schumanns Lieblingsdichter E. T. A. Hoffmann. Ein Kleinod – überaus elegant ausgeführt.
Szene 5: Wie ein Kontrastprogramm wirkt am Ende der CD die Symphonie Nr. 1 D-Dur von Sergej Prokofjew, die als „Symphonie classique“ in die Musikgeschichte einging. Höfische Tänze faszinierten Prokofjew besonders, und so bildet eine Gavotte, die an dritter Stelle der Symphonie steht, den Ausgangspunkt für eine Reise in die Musik. Ein feinsinnig ironisierendes Spiel mit klassischen Elementen. Im Larghetto werden Tanzbewegungen klar nachgezeichnet, in der Gavotta biegt die Melodie mitunter auf Abwege ab. Die Ecksätze wirbeln mit unbändiger Energie und münden mit pfiffigen Melodien ins Finale.
Abspann: Mit „Live 2012“ dokumentiert die Süddeutsche Kammersinfonie eine Bandbreite musikalischen Könnens und bringt dem Hörer auch Unbekanntes großer Komponisten näher. Wer sich an diese Musik wagt, wird reich belohnt. Die CD der Kammersinfonie Bietigheim kann im Internet bestellt werden.
Jörg Palitzsch