Die Frühlingszeit gilt bei vielen Menschen als die schönste im Jahr. Musikalisch begleiten lassen kann man sich mit einer neuen CD der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim.
Die neunte CD aus der Reihe „Kammersinfonie live“ bietet einen Rückblick auf die Saison 2011 der Kammersinfonie Bietigheim. Drei Themenkreise, „Jahreszeiten“, „Sommerliche Serenade“ und „à la française…“ werden auf „live 2011“ musikalisch erschlossen, was sich teilweise als Einengung auswirkt. Freilich, Musik von Vivaldi, Händel und Ravel unter ein musikalisches Dach zu stellen, gibt Halt, setzt in der Auswahl aber auch Grenzen.
Zum Auftakt der CD dient Antonio Vivaldis „Der Herbst“, zu dem als Klammer nach Edvard Griegs „Våren“ („Letzter Frühling“) und Peter Iljitsch Tschaikowskys „Schneeglöckchen“ das Largo aus Vivaldis „Der Winter“ hinzukommt. Während der Reiz der „Vier Jahreszeiten“ von Vivaldi im Widerspruch einer musikalisch geforderten Dramaturgie auf der einen Seite und der Anforderung nach Balance auf der anderen Seite liegt, hat Griegs „Våren“ so gar nichts Fröhlich-Frühlingshaftes. Eine Elegie voll tiefer Melancholie, Trauer darüber, selbst den letzten Frühling zu erleben.
Tschaikowskys „Schneeglöckchen“ stammt aus den von Dezember 1875 bis November 1876 komponierten „Jahreszeiten“, ein Stück voll melodischem Charme, das die Kammersinfonie unter der Leitung von Peter Wallinger und Ursula Schoch (Violine) auf hohem Niveau bietet.
Wie weit Musik auseinanderliegen kann und welche Grenzen auf der CD gesetzt werden, zeigt die Auswahl im Themenkreis „Sommerliche Serenade“. Georg Friedrich Händels Konzert g-Moll für zwei Violoncelli (Gen Yokosaka, Chihiro Saito) und Orchester erschlägt diese Jahreszeit, in der alles gelingen mag, mit barocker Fülle. Die Hitze des Tages lässt sich bis zur „Fugue“ spüren, die mit leichtem Spiel versöhnt.
Auf jeder CD gibt es ein Stück, das wie ein Solitär im Mittelpunkt steht. Ihm ordnet sich, ihm muss sich alles unterordnen. Auf „live 2011“ ist dies Peter Tschaikowskys Serenade C-Dur. 1880 komponiert, 1881 erstmals in St. Petersburg aufgeführt, hat diese Serenade nichts von ihrem Glanz verloren. Sie kann durchaus auch als Beleg für die musikalische Qualität und Reife der Kammersinfonie Bietigheim herangezogen werden. Zum Auftakt lädt ein eleganter Walzer zum Tanz, im sich anschließende, fast zehnminütigen dritte Satz buhlen die Violinen um die Gunst des Zuhörers, bis hohe und tiefe Streicher den Dialog eröffnen. All dies mündet in ein Finale, das wie ein musikalisches Schmuckstück glitzert. All dies wird von der Kammersinfonie Bietigheim auch mit allergrößter Hingabe gespielt – ein wahres Meisterstück, da capo.
„à la française…“, der im Bietigheimer Kronenzentrum aufgenommene dritte Themenkreis auf der CD wird mit „Valses nobles et sentimentales“ von Maurice Ravel eröffnet. Die musikalische Unregelmäßigkeit wird bei Ravel zum unerwartet Überraschenden und bildet sich in aller Schönheit aus. Die Kammersinfonie spannt all diese Bögen mit der Leichtigkeit des musikalischen Seins und bewahrt die Faszination Ravels wie einen Schatz.
Zum Ende hin das Konzert für Klarinette und Orchester des 1912 in Le Mans geborenen Komponisten und Pianisten Jean Françaix. Rhythmisch komplex, aber nicht verquer, originell und witzig dokumentiert hier Klarinettist Sebastian Manz, warum er im vergangenen Jahr den Echo-Klassik als bester Nachwuchskünstler des Jahres erhielt. Auch im rasant durchgespielten Schlussstück „Le bœuf sur le toît“ von Darius Milhaud untermauert er dieses Können.
So zeigt die neunte Folge von „Kammersinfonie live“ erneut, welches Potenzial in dem von Peter Wallinger geleiteten Orchester steckt. Für regelmäßige Konzertgänger mit ihrer Vielseitigkeit mehr als nur eine Erinnerung, für Neuankömmlinge in der musikalischen Welt der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim ein gekonntes Entrée. Die CD kostet zwölf Euro und kann über die Homepage ww.sueddeutsche-kammersinfonie.de bestellt werden.
Jörg Palitzsch