Es ist immer wieder ein Genuss, Ursula Schoch, die einstige Geigerin und Konzertmeisterin der alten „Bietigheimer Kammersinfonie“ als Solistin in einem Konzert des zur „Süddeutschen Kammersinfonie“ erhobenen Hausorchesters der Region Bietigheim – Mühlacker zu erleben. Vor einem Jahr hörte man sie in einer brillanten Aufführung des Violinkonzertes von Johannes Brahms sowohl in Bietigheim-Bissingen als auch bei der Neu-Eröffnung des Uhland-Konzertsaales in Mühlacker. Dann wieder als Kammermusikerin, und jetzt spielte die zur Konzertmeisterin im „Concertgebouw-Orchester Amsterdam“ aufgestiegene Künstlerin am Freitagabend im ausverkauften Bietigheimer Kronensaal und am Samstag erneut in Mühlacker das köstliche, romantisch gefärbte „Konzert für Violine und Orchester e-Moll“ (op. 64) von Felix Mendelssohn-Bartholdy….

Das Konzert begann mit der jüngsten Komposition, die der russische Komponist Prokofjew im Anschluss an eine Europareise und nach der Begegnung mit der westlichen Moderne in der Musik 1916/1917 schrieb. Die vier Sätze der „Symphonie Classique“ sind eine Synthese von Klassik und Moderne geworden und wirken wie eine Ballettmusik, wie sie auch die Tanz-Choreografen umgesetzt haben. Der Kopfsatz wurde von Wallinger quirlig angelegt, im Larghetto stiegen die Violinen sauber in höchste Lagen, die Gavotte enthielt Rückungen, Reibungen und Trugschlüsse zu einer russischen Volksliedmelodie, das Finale brauste wie ein Galopp vorüber. Es war ein Genuss, diese spritzige Sinfonie so frisch gespielt zu hören und klassische mit moderneren Formen verbunden zu erfahren…

Ursula Schoch spielte das schwierige Mendelssohn-Werk technisch perfekt und gestaltete ihren Notentext musikalisch gereift. Im ersten Satz markierte sie gleich zu Beginn das Thema in virtuoser Form, hob sich aus dem Orchesterklang immer wieder edel tönend heraus, verband aber auch ihre Passagen mit dem Spiel der Orchestersolisten, der Gruppen und des Tuttis. Hervorragend die vom Komponisten vorgeschriebene Kadenz, die bei der Uraufführung vom damaligen Stargeiger Ferdinand David eine hohe Leistung forderte und später mit Joseph Joachim Violingeschichte machte. Nun war Ursula Schoch die Künstlerin, die diese Kadenz meisterte. Attacca schlossen sich die anderen Sätze des Konzertes an, eine ebenfalls enorme pausenlose Spiel-Leistung.

Das „Andante“ erklang wie ein Lied ohne Worte, der Finalsatz fasste noch einmal Mendelssohns Kunst mit der der Interpreten zusammen und wurde ein fulminantes Bekenntnis romantischer Musik….

Helmut Müller

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert