Kammermusik passt in den Schlosshof nach Sachsenheim. Rund 100 Klassikbegeisterte erlebten am Samstagabend einen intimen Dialog zwischen dem Klarinettisten Sebastian Manz und der sueddeutschen kammersinfonie bietigheim.

Im Sachsenheimer Schlosshof erlebten Klassikbegeisterte ein beeindruckendes Konzert. Foto: Helmut Pangerl

Sebastian Manz kennt man spätestens seit 2008. Damals zeigte er beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München als Klarinettist sein Ausnahmekönnen und bekam dabei die Sympathiepunkte des Publikumspreises gleich obendrauf. Wer ihn in der nahen Atmosphäre des Schlosshofes in Sachsenheim erlebt, weiß warum.

Manz geht nicht nur in einen facettenreichen und feinen Dialog mit dem handverlesenen Orchester. Er kommuniziert zugleich mit Dirigent und Publikum und hat viel zu „erzählen“. Er stellt Fragen, neckisch oder fordernd, ganz nach Situation, und bekommt Antworten – ebenso neckisch aus den Reihen des Orchesters.

Sprachrohr ist seine Klarinette, die er als Sohn eines Pianistenehepaars für sich entdeckte und schließlich eroberte. Die Disziplin, das zu erreichen, steckt ihm vielleicht im Blut – sein Großvater ist der berühmte russische Geiger Boris Goldstein.

Kunst kommt von Können und vielleicht auch von kommunizieren? Zwei Echo-Klassik-Auszeichnungen können kaum Zufall sein. Sebastian Manz genießt den Ruf, einer der ganz großen zeitgenössischen Solisten zu sein. Nach Mozarts Divertimento in B-Dur spielt er im Schlosshof individuell mit einer großen Einlage aus der Musikgeschichte: Carl Maria von Webers Klarinettenkonzert – ein wendiges Werk in vielen Stimmungslagen, eine Herausforderung für flinke Finger von vielseitigen Interpreten wie Sebastian Manz.

Als „Meister an den Klappen“ nimmt sich Manz gern dynamische Extremlagen vor. Die Klarinette ist natürlich prädestiniert dafür mit ihren extremen Klangfarben. Der Schlosshof schluckt selbst das leiseste Pianissimo nicht, so brillant ist die Akustik zwischen den Schlosswänden. Kein Klang entweicht, schon gar keiner, der pointiert gesetzt immer im neuen Gewand erscheint. Manz‘ Klarinette schreit an exponierter Stelle. Sie haucht an anderen. Sie kichert ihr Hexenlachen, neckisch gefolgt vom imitierenden Orchesterapparat. Sie liebt das Wehklagen, ohne in den Kitsch abzutauchen und macht vor allem eins: Sie unterhält ein Publikum, das keinen Blick von Sebastian Manz lässt, perfekt an einem lauschigen Sommerabend im Freien.

Die Wogen glättet der Klarinettist mit dem lyrisch weichen Adagio in Des-Dur von Heinrich J. Baermann. Baermann war selbst Klarinettist und komponierte auch Stücke für sein Instrument. Freundschaft verband ihn mit Carl Maria von Weber sowie Felix Mendelsohn Bartholdy. Damit passt er ins Programm, auch wenn sein Adagio den Kontrast schlechthin zum Weberschen Klarinettenkonzert mit sich bringt. Hier legt sich der morgendliche Tröpfchennebel auf die erhitzten Gemüter.

Der Klarinettist selbst bleibt klar und diszipliniert. Er plaudert gern mit seinem Publikum. In einem letzten Bonbon für Klarinette solo, einer Zugabe von Igor Strawinsky, füllt Manz den Schlosshof mit Naturstimmung: Man hört Vögel zwitschern. Manz lädt ein, an einen Hirten zu denken, der vor Sonnenaufgang schon für seine Schafe spielt. Poesie bekommt ihren Raum – eine charmante Überleitung zur „Sommernacht“ nach der Pause von Zeitgenosse Othmar Schoeck. Die „Sommernacht“ spielt das Bietigheimer Orchester allein, ebenso eine romantische Streichersinfonie von Felix Mendelsohn-Bartholdy. Dabei kommen die expressiven Seiten des aus Individualisten und Könnern zusammengesetzten Ensembles voll zur Geltung.

In allen Stimmen sitzen markante Köpfe. Ihr gemeinsames Wirken ist projektbezogen. Das schützt das Ensemble davor, gemeinsam in die Berufsroutine abzurutschen. Das wiederum hört man am bewussten Auskosten jeder melodischen Wendung, an der Lebendigkeit der Dialoge und letztlich an der Freude, mit der Peter Wallinger und sein Team ans Werk gehen.

Susanne Yvette

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