Murr Klänge aus vier Jahrhunderten prägten das Neujahrskonzert.


Die Musiker der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim haben ihr Können unter Beweis gestellt.
Foto: ayanti

Zeit und Traum“ – unter diesem Motto stand das Neu-jahrskonzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim im Bürgersaal Murr. 17 Musikerinnen und Musiker, ein starkes Streicherorchester, dirigiert von Peter Wallinger, zeigten ihr vielfältiges Können mit Werken aus vier Jahrhunderten. Sie nahmen die rund 180 Zuhörer mit auf eine spannende Reise, in deren Verlauf sie die Stärke ihrer Instru-mente meisterhaft ausspielten: eine Musik voller Nuancen und Differenzierungen.

Matthias Bader vom Kulturamt der Gemeinde zitierte zur Begrüßung einen Zeitungsartikel, wonach heutzutage die Lautstarken häufig die Leisen und Stillen im Lande übertönen. „Doch beide gehören, zusammen, in der Gesellschaft wie in der Musik.“ An diesem Abend fanden tatsächlich nicht nur laute und leise Töne Gehör, sondern auch die Literatur Johann-Michael Schneider, freischaffender Schauspieler, Theatermusiker und Regisseur, las kurze Texte, die das Thema „Zeit und Traum“ beleuchteten und interpretierten. Diese Mischung kam beim Publikum gut an.

Zum Auftakt führte das Orchester die Zuhörer in die Zeit des frühen Barocks. Mit der „Gagliarda del Principe di Venosa“ des 1566 geborenen Italieners Carlo Gesualdo beschworen Violinen, Bratschen, Celli und der Kontrabass, souverän geleitet von Wallinger, eine getragene, nachdenkliche Erinnerung an diese ferne Epoche.

Ganz anders „Festina lente“, ein Werk des 1935 geborenen Esten Arvo Pärt. Dieses Stück spiegelt das vertraute Phänomen der subjektiv unterschiedlich erlebten Zeit musikalisch wider. So widersprüchlich, wie der lateinische Titel dieses Stückes lautet (wörtlich übersetzt: Eile mit Weile), so eigenwillig hörte sich diese Komposition an. Ein und dieselbe Melodie, von unterschiedlichen Instrumenten in verschiedenen Geschwindigkeiten intoniert, ergab ein Klangmuster, das vielschichtige Emotionen erzeugte, teils Nachdenklichkeit, teils Versöhnlichkeit, teils Wehmut. Gegen Ende versiegte förmlich der Fluss der Töne; Wallinger dirigierte eine ins Unhörbare abtauchende Musik. Passend dazu zitierte Schneider Goethes „Unbegrenzt“ aus dem West-Östlichen Diwan: „Daß du nicht enden kannst, das macht dich groß, und daß du nie beginnst, das ist dein Los….“

Lebhaft erklangen in der Folge das Adagio für eine Orgelwalze von Wolfang Amadeus Mozart; die fröhliche Humoreske IV des 1865 geborenen Finnen Jean Sibelius, die kraftvolle und harmonische Streichersonate A-Dur der italienischen Meisters Gioacchino Rossini. In der Komposition von Sibelius spielte Konzertmeisterin Sachiko Kobayashi auf ihrer Violine einen hingebungsvollen Solopart, entlockte ihrem Instrument zarte hohe Töne, auch mit Pizzicato, kurzem Zupfen der Saiten, und sie sorgte damit für einen Glanzpunkt des Abends.

Mit der ausdrucksvollen Lesung des Gedichtes „Närrische Träume“ von Gustav Falke, einem Feuerwerk heiterer Absurdität, leitete Schneider über in den zweiten Teil. Zum Träumen verführte das 1878 geschriebene „Idyll“ des Tschechen Leos Janácek. Eine romantische Hymne an die Schönheit der Natur, eine gefühlvolle Komposition, dabei abwechslungsreich, wobei die hohen Töne der Violinen und die tiefen der Celli anregende Kontraste setzten. Den Konzertabend krönte zum Abschluss das wohl bekannteste und beliebteste Stück. Die sanft dahinfließende Romanze aus Mozarts Kleiner Nachtmusik, blitzsauber und mit spürbarem Gefühl von den Musikern gespielt, erhielt lang anhaltenden und hoch verdienten Beifall. Zur Zugabe hob Wallinger noch einmal den Dirigentenstab zum vierten Satz der „Kleinen Nachtmusik“.

Arnd Bäucker

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