10.12.2019, Ludwigsburger Kreiszeitung
Mozarts Musik in besten Händen
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Elisabeth Brauß brilliert mit der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim
BIETIGHEIM-BISSINGEN. „Italianità“ hieß der rote Faden im Programm der diesjährigen Adventskonzerte der Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim (SKB). Obwohl Rossini als einziger italienischer Komponist den Spielplan zierte, gelten sowohl Mozarts 21. Klavierkonzert als auch Schuberts 3. Sinfonie, die Peter Wallinger in Kombination dazu ausgewählt hatte, ebenfalls als von den milden Lüften des Südens angewehte Kompositionen. Und tatsächlich bot der Samstagabend im Kronensaal – das Konzert wurde tags darauf im Uhlandbau in Mühlacker wiederholt – ein nahezu vollkommen ungetrübtes Hörvergnügen, voller Leichtigkeit und Lebensfreude.
Hörvergnügen, voller Leichtigkeit und Lebensfreude. Maßgeblichen Anteil daran hatte die junge Pianistin Elisabeth Brauß, die als Solistin Mozarts Klavierkonzert in C-Dur (KV 467) zu einem unvergesslichen Erlebnis werden ließ. Faszinierend, mit welcher Unbeschwertheit die 24- Jährige das in der langen Einleitung dreifach vorgestellte orchestrale Hauptthema im Kopfsatz des Konzerts aufnahm, das den von Mozart in den beiden vorangegangenen Werken dieser Gattung entwickelten Typus des sinfonischen Klavierkonzerts im Jahr 1785 weiter ausformulierte. Hochvirtuos, aber gänzlich frei von überschwänglicher Emphase, vielmehr von einer dahin fließenden Empfindsamkeit geprägt, in feinsten klanglichen Nuancen die sensible Balance haltend, wie sie sich in der folgenden Soloexposition und der zentralen Durchführung vom Orchester emanzipierte. Makellos die Darbietung auch im Andante, das als Filmmusik in „Elvira Madigan“ (1967) große Popularität erlangte und diesem Klavierkonzert den gleichlautenden Beinamen eintrug. Fulminant schließlich das Finalrondo des Allegro vivace – ungemein mühelo und schlank präsentierte Brauß die die Drehungen und Wendungen des Ritornells. Auch hier glänzte sie mit einer eigenen Kadenz. Kein Zweifel: Mozarts empfindliche Musik ist bei Brauß in besten Händen.
Ebenso exzellent die orchestrale Einbettung durch Wallinger und die SKB. Hier stimmte die Chemie. Besser bekommt man das auch in größeren Sälen größerer Städte nicht zu Gehör. Für den euphorischen Applaus und zahlreiche Bravorufe bedankte sich die wunderbare Interpretin mit einer tonal passenden c-Moll-Sonate von Scarlatti. Bereits zuvor hatte Wallinger mit der in 36-köp-figer Besetzung angetretenen, von Konzertmeisterin Sachiko Kobayashi angeführten und erneut vor allem im Register der Violinen deutlich verjüngten SKB die Beredtheit der Opernmusik in Rossinis Ouvertüre zu dessen 1812 uraufgeführter einaktiger Farce „La scala di seta“ bravourös auf den Punkt gebracht.
Beeindruckend auch die differenzierte Gestaltung der vier Sätze in Schubert Sinfonie Nr. 3 in D-Dur (D 200) von 1815, in der Wallinger minuziös die Kontraste der Binnendynamik herausarbeitete, gleichzeitig aber auch die Spannkraft der rhythmischen Impulse nicht vernachlässigte. Gerade die temperamentvolle Tarantella im Finale ist dafür verantwortlich, dass diese Sinfonie auch als „Die Italienische“ bekannt wurde. Neben dem Trainer, Pardon: Dirigenten, war hier ganz klar das Team, sprich das Ensemble, der Star, Spieler des Spiels, um im Bild zu bleiben, war, wie bereits bei Rossini: Solo-Oboist Michele Batuni.
Harry Schmidt
weniger10.12.2019, Mühlacker Tagblatt
Sternstunde im Uhlandbau
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Adventskonzert der Süddeutscher Kammersinfonie Bietigheim mit Elisabeth Brauß begeistert das Publikum in Mühlacker
Exzellent vorbereitet und hellwach hat sich die Kammersinfonie unter der Leitung von Peter Wallinger im Uhlandbau präsentiert. Orchester und Pianistin Elisabeth Brauß agierten als zupackend musizierende Einheit, die das Publikum vom ersten Takt an mitriss.
Mühlacker. Der Konzertabend der Kammersinfonie konkurrierte am Sonntag mit Weihnachtsmärkten, Weihnachtsfeiern und anderen weihnachtlichen Veranstaltungen. Wer trotz dieses Angebots den Weg in den Uhlandbau gefunden hatte, konnte sich zu seiner vortrefflichen Wahl beglückwünschen. Mit der Ouvertüre aus der Oper „Die seidene Leiter“ des italienischen Komponisten Giacomo Rossini eröffnete Peter Wallinger den Abend. Frisch und zugleich geheimnisvoll, dann wieder keck und lebendig, legten Dirigent und Kammersinfonie den Grundcharakter der verzwickten Liebesoper mit einem Augenzwinkern dar. Mit seinem runden, geschmeidigen Klang und seiner mitreißenden Interpretation zauberte das Orchester mit Leichtigkeit und Temperament ein Stück italienischer Operntradition in den Uhlandbau. Die auf die Stimmen verteilten halsbrecherischen Figuren gelangen mühelos und absolut sauber.
Nach der gelungenen Ouvertüre folgte eines der beliebtesten Klavierkonzerte von Wolfgang Amadeus Mozart, das in C-Dur KV 467, das Wallinger in angenehmem und nicht zu schnellem Tempo nahm. Vielmehr ließ er mit Nachdruck und Entschlossenheit spielen, gab dabei aber zugleich dem typischen Mozart Raum. Orchester, Solistin und Dirigent bildeten eine Gemeinschaft, die als Ganzes funktionierte, mit offenen Ohren aufeinander hörte und reagierte. Die Finger der Solopianistin Elisabeth Brauß perlten über die Tasten des Flügels und entlockten ihm Töne, die ganze Geschichten erzählten. In der Kadenz zeigte die 1995 geborene Brauß, wie gut sie mit dem Flügel umzugehen weiß und wie fein ihre Anschlagtechnik ist. Fast schien es, als würde Brauß nicht nur das Publikum faszinieren, sondern auch ihre Orchesterpartner völlig in ihren Bann ziehen. Miteinander verwoben und verwachsen schienen sie, ergänzten sich und fächerten sich auf wie eine bunte Choreographie aus Tönen. Mit höchster Achtsamkeit reagierten das Orchester und Wallinger auf die junge Pianistin, sodass auch kleine motivische Ausdeutungen möglich wurden, die dem zweiten Satz des Werkes liebevolles Leben einhauchten. Kraftvoll und verspielt erklang der dritte Satz.
Auch hier zeigte Brauß ihre für ihre junge Karriere eindrucksvolle Klasse und Eleganz, indem sie hörbar ihrem eigenen Gefühl für die Musik vertraute und ihre eigene Interpretation der Mozart’schen Musik selbstbewusst und mit großer Freude darbot. Das Publikum zeigte sich begeistert und wollte eine Zugabe hören, die Brauß gerne gewährte. Passend zum zweiten Advent gab Brauß die Sonate E-Dur von Domenico Scarlatti in einer wohltuend versöhnlichen und poetischen Version.
Nach der Pause erklang ein weiterer Leckerbissen, der zugleich den Bogen zur Ouvertüre des Anfangs schloss. Franz Schuberts Sinfonie in D-Dur D200 mag auf den ersten Blick unterschätzt werden, hat sie der 18-jährige Schubert doch 1815 für ein Liebhaberorchester komponiert. Die Kammersinfonie aber bot sie als Hörgenuss dar, fein differenziert und mit kluger Ausleuchtung der dann doch nicht so simplen Motivik und Thematik. Wallinger ließ das Orchester auch mal laufen, in der Sicherheit, dass es vor lauter Begeisterung nicht davonstürmen wird. An diesem Abend bildeten die Musiker einen kompakten Klangkörper, in dem jeder Einzelne zur Summe des Ganzen sein Bestes beisteuerte. Und so wechselten sich elegant dramatische und energische Passagen mit tänzerisch neckischen ab. Entspannt, aber leichtfüßig, tönte der zweite Satz, zwischendurch immer wieder verträumt, während der dritte wieder mit deutlich mehr Nachdruck erschien, aber mit ebenso großer Lust und Freude musiziert war. Der vierte Satz, ein fulminantes Presto vivace, spannte nun endgültig den Bogen zur frisch-kecken Ouvertüre Rossinis. Dem Publikum blieb nur, sich zurückzulehnen, zu genießen und sich von den mitreißenden Klängen umhüllen zu lassen. Zu Recht spendete das Publikum großen Beifall zu einem außergewöhnlichen Konzertabend.
Irene Schallhorn
weniger07.12.2019, Ludwigsburger Kreiszeitung
Mozart ist das Schönste
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Adventskonzert der Süddeutscher Kammersinfonie Bietigheim mit Elisabeth Brauß begeistert das Publikum in Mühlacker
HANNOVER/BIETIGHEIM-BISSINGEN. Die Pianistin Elisabeth Brauß gastiert regelmäßig in international renommierten Häusern wie der Elbphilharmonie Hamburg, am Mariinksy Theater in St. Petersburg, in der Tonhalle Zürich, im Barbican Centre in London, am Konzerthaus Berlin und Festivals wie dem Heidelberger Frühling, dem Schleswig-Holstein Musik Festival und den Festspielen Mecklenburg-Vorpommern. Nun ist die 24-jährige Hannoveranerin mit Wohnsitz in Berlin erstmals mit der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB) zu hören. Als Solistin wird sie an diesem Wochenende an den Adventskonzerten der SKB mitwirken und am heutigen Samstag um 19 Uhr im Bietigheimer Kronensaal, morgen um 17 Uhr im Uhlandbau in Mühlacker auftreten.
Guten Morgen Frau Brauß, wo erreichen wir Sie gerade?
ELISABETH BRAUß: Bei meinen Eltern. Eigentlich bin ich in Berlin zu Hause, aber ich komme oft nach Hannover – erstens weil ich sehr, sehr gerne bei meiner Familie bin und zweitens, weil es hier zwei Instrumente gibt, auf denen ich üben kann – Tag und Nacht!
Welche Instrumente stehen Ihnen dort zur Verfügung?
Ein älteres Klavier und ein Bechstein-Flügel. In Berlin übe ich auf einem Essex-Klavier. Allerdings ist meine Wohnung relativ hellhörig und ich habe ungern das Gefühl, dass ich andere Leute mit meinem Üben belästige beziehungsweise dass andere Leute mir dabei zuhören. Deswegen übe ich dort meistens mit einem Silent-System (einer Stummschaltung mit Kopfhörerkontrolle; Anm. der Redaktion). Das ist aber nicht ganz so produktiv – deswegen bin ich, speziell zum Üben, lieber in Hannover.
Am Wochenende werden Sie erstmals als Solistin mit der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim auftreten. Wie kam es dazu?
Ursprünglich sollte Magdalena Müllerperth, die eine gute Freundin von mir ist, bei den Adventskonzerten spielen, musste dann aber ihre Auftritte absagen. So hat sie Peter Wallinger auf mich aufmerksam gemacht.
Auf dem Programm steht Mozarts Klavierkonzert in C-Dur (KV 467), das der österreichische Komponist im Frühjahr 1785 schrieb und das als sein 21. Klavierkonzert gilt (nach anderen Zählungen als sein 15.). Was bedeutet Ihnen Mozarts Musik generell?
Seine Musik ist für mein Leben immer schon essenziell wichtig gewesen. Meine Eltern sind beide Musiker, mein Vater ist Dirigent (Martin Brauß war Chefdirigent der Niedersächsischen Kammeroper, Leiter des Hannoverschen Oratorienchores und hat eine Professur für Oper/Dirigieren an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover, Anm. der Redaktion), meine Mutter Bratschistin, deshalb hatte ich seit meiner frühsten Kindheit viel zu tun mit klassischer Musik, Sinfonien und Opern – und da eben speziell Mozarts Werken. Über das große Feld der stilistischen Annäherung und den vielen Dingen, die man darum herum noch wissen kann, habe ich ganz früh ganz viel von meinem Vater gelernt. Seitdem begleitet mich Mozarts Musik und war für mich immer schon das Wichtigste und Schönste.
Welche besondere Herausforderung stellt nun dieses C-Dur-Konzert für Sie als Pianistin dar?
Es ist tatsächlich nicht so einfach zu spielen! (lacht) Speziell der erste Satz weist für mich einige pianistische Schwierigkeiten auf – er hat das ja für sich selbst geschrieben und wollte sich als fantastischer Pianist auch darin austoben können. Der zweite Satz geht dann unheimlich in die Tiefe. Die Lebensfreude der Ecksätze zu empfinden und darzustellen – das ist ein langer Prozess und auf der Bühne auch eine echte Herausforderung, genau in diese Stimmung zu kommen. Den Mut zu haben, diesen Weg bis ans Äußerste mitzugehen und für das Publikum darzustellen, das ist bei Mozart das Schwierige.
Wie bringen Sie sich in diese spezifische Stimmung? Pflegen Sie, abgesehen von den üblichen pianistischen Aufwärmroutinen, spezielle Rituale?
Nein. Ich spiele auch ungern einzelne Stellen vorher an. Wichtiger ist mir, das Stück in seiner Gesamtheit zu rekapitulieren und mich darauf zu fokussieren. Man versucht, sich sozusagen auf das Treffen mit dem Komponisten auf der Bühne einzustellen. Wenn man abends ein Konzert spielt, verläuft der Tag sowieso unter anderen Vorzeichen – wenn man weiß, dass man abends Mozart spielt, ist das etwas anderes, als wenn man weiß, dass man abends Schostakowitsch spielt. Das färbt meine Tage schon eindeutig ein. Deswegen bin ich grundsätzlich bereits in einer anderen Stimmung, aber die versuche ich vor dem Auftritt einfach noch mal zu konzentrieren.
Bei der Musik welcher Epoche würden Sie Ihren Schwerpunkt sehen?
Momentan bin ich noch in einem Alter, wo ich versuche, mich breit aufzustellen – also mich möglichst vielem aus möglichst vielen Epochen anzunähern. Aber es ist trotzdem so, dass ich merke, dass mir das deutsche Repertoire besonders nahe steht – nicht, weil mir anderes weniger wichtig wäre, sondern, weil es aus der Kultur kommt, mit der ich aufgewachsen bin, und gewissermaßen meine Sprache spricht. Dementsprechend beschäftige ich mich tatsächlich relativ viel mit Wiener Klassik – Mozart, Beethoven, Schubert, Haydn –, versuche aber auch, immer mehr zeitgenössische Musik mit reinzunehmen.
Wenn Sie sich auf drei beschränken müssten: Welches wären Ihre Lieblingskomponisten?
Schwierig zu beantworten. Ich würde sagen: Mozart nimmt die ersten drei Plätze ein. (lacht)
Gibt es Pianisten, die Sie nachhaltig geprägt haben?
Das ist auch gar nicht so leicht zu beantworten. Ich hätte keinen Pianisten im Kopf, der in seiner Gesamtheit für mich stilistisch prägend war. Aber ich bin ja mit Igor Levit vor der Nase aufgewachsen, weil seine Mutter meine Lehrerin war. Das war sicher ein Fixpunkt für mich, ich habe mich immer mit ihm verglichen – was für mich natürlich nicht sehr gesund war. (lacht) Pianistisch und musikalisch ist wirklich einzigartig, was er kann – mit den Händen, aber auch mit dem Kopf. Diese Erfahrung begleitet mich schon mein ganzes Leben und ich verfolge ihn – wir kennen uns ganz gut – nach wie vor. Diese Begegnungen sind auf jeden Fall Dinge, die für mich wichtig waren und nach wie vor sind.
Harry Schmidt
weniger17.07.2019, Mühlacker Tagblatt
Differenzierte Interpretationen
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Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim gibt ein Konzert in der Lienzinger Frauenkirche
Mühlacker-Lienzingen. Mit Musik aus dem 19. und 20. Jahrhundert bestritt die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim unter ihrem Gründer und künstlerischen Leiter Peter Wallinger das dritte der insgesamt sechs Konzerte in der von diesem initiierten Reihe „Musikalischer Sommer“ in der Frauenkirche in Lienzingen.
1939 gingen der englische Komponist Benjamin Britten und der Tenor Peter Pears in die USA. Doch aus Heimweh kehrten die beiden drei Jahre später wieder nach Großbritannien zurück. Dort komponierte Benjamin Britten 1943 seine „Serenade opus 31“. Die Texte lieferten ihm ein Anonymus aus dem 15. Jahrhundert sowie englische Dichter vom 16. bis 19. Jahrhundert: Ben Jonson, Charles Cotton, William Brake, John Keate und Lord Tennyson.
Obwohl für Benjamin Britten der Dienst mit der Waffe nie infrage kam, solidarisierte er sich mit diesem Werk auf seine Weise mit dem „englischen Geist“ und seinem Heimatland in Zeiten des Krieges.
Geschrieben für Tenor – selbstverständlich seinen Lebensgefährten Peter Pears –, Horn und Streicher, beginnt das von Abend- und Nachtstimmung dominierte Werk mit einem Horn-Solo und endet auch mit einem solchen, gespielt hinter der Bühne, in Lienzingen im hinteren, von einem hölzernen Tonnengewölbe überspannten Kirchenraum, während das Orchester vor dem Chor Platz findet. Virtuos beherrscht Reimer Kühn, Solohornist des Staatsorchesters Stuttgart, seine zwei Horninstrumente. Kai Kluge, Ensemblemitglied der Staatsoper Stuttgart, der vor seinem Studium an der Musikhochschule Karlsruhe Aurelius-Sängerknabe in Calw war, zeigt in der Tenorpartie die gesamt Breite, Tiefe und Höhe seines stimmlichen Könnens. Nach den jeweiligen Erfordernissen gestaltet er seinen Part dramatisch, sensibel, klagend, getragen, verspielt und beschwingt, stets mit starkem Ausdrucksvermögen. Peter Wallinger und das Orchester sind den Solisten mehr als nur Begleiter. Sie gehen vielmehr verständnisvoll auf sie ein und sorgen mit ihnen dafür, dass die Intentionen des Komponisten adäquat zur Geltung kommen.
Als zweites Werk des Konzerts steht die „Arpeggione“-Sonate D 821 für Violoncello und Streicher von Franz Schubert auf dem Programm, entstanden 1824. Das als „Sonate“ bezeichnete ursprüngliche Duo für „Arpeggione“ und Klavier besteht aus drei Sätzen, wobei der zweite Satz unversehens in den rondoartigen Schlusssatz übergeht. Doch nicht genug damit, der Komponist hatte ein „Guitarre d’amour“ genanntes Instrument vor Augen. Dessen ungeachtet wird in Lienzingen die Arbeit von einer führenden Violoncellistin und vier Streichern aufgeführt, dazu ohne Klavier. Doch dieses Quartett und vor allem Chihiro Saito entschädigen mit ihrem nuancenreichen Spiel und dem von ihnen erzeugten differenzierten Klang dafür, dass man Schuberts Komposition nicht in der ursprünglichen Version hört.
Den Abschluss bildet die Serenade E-Dur opus 22 für Streichorchester von Antonín Dvořák, geschrieben 1875. Dieses häufig gespielte, populäre Werk zeichnet sich durch „melodische Eingängigkeit und die sinnliche Intensität der Instrumentation“ aus. Die fünf Sätze dieser in der Tradition seit Mozart stehenden Komposition werden vom Orchester unter der umsichtigen, einfühlsamen Leitung von Peter Wallinger, ganz im Sinn des Komponisten wiedergegeben: nach dem dreiteiligen Moderato mit fülligem Klang das Tempo di Valse, danach als zweiter Tanzsatz beschwingt und mit Tempo das Scherzo Vivace, eher bedächtig das Larghetto und aufpeitschend das Finale Allegro vivace.
Wieder einmal erweist sich Peter Wallinger nicht nur als interessanter Programmgestalter und kompetenter Dirigent. Sein „Musikalischer Sommer“ ist auch in diesem Jahr wieder eine Bereicherung im kulturellen Leben der gesamten Region.
Dieter Schnabel
weniger16.07.2019, Pforzheimer Zeitung
Klänge aus dem Elfenland – Matinee in der Lienzinger Frauenkirche
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Mühlacker-Lienzingen. Welch sanfte, auch erregende und schöne Musik! Der „Musikalische Sommer“ präsentierte diesmal seinen konzentriert lauschenden Zuhörern gleichsam „Klänge aus dem Elfenland“ – um eine Verszeile aus Benjamin Brittens „Serenade für Tenor, Horn und Streicher“ (op. 31) aufzugreifen.
Peter Wallinger hatte für sein sonntägliches Matinee-Konzert in der Lienzinger Frauenkirche zusammen mit seiner sueddeutschen kammersinfonie bietigheim ein besonderes Programm zusammengestellt. In acht Sätzen malt die zur Eröffnung musizierte Britten-Serenade Naturlandschaften in Abend- und Nachtstimmen aus, mit heiteren, ruhigen Aspekten, aber auch mit verstörend düsteren Klangbildern der Vergänglichkeit.
Erdige Naturfarben
Unter Wallingers Leitung kommentierte das Streichorchester den anspruchsvoll auskomponierten Liedgesang, den der renommierte Stuttgarter Tenor Kai Kluge teils in geschmeidiger Klangrede, teils mit gut gestütztem Stimmvolumen im Brustton der Überzeugung zelebrierte. Die von Britten in Zusammenarbeit mit seinem Lebensgefährten, dem Tenor Peter Pears vertonten Gedichte bedeutender englischer Lyriker (Cotton, Tennyson, Brake, Jonson und Keats) wurden lautmalerisch sinnfällig wiedergegeben, auch die pulsierenden Motive wie Seen und Wasserfälle. Hornsoli, mit denen sich der ebenfalls in Stuttgart tätige Hornist Reimer Kühn auszeichnete, sorgten für intensiv erdige Naturfarben und lebhafte Jagdtöne. Der auf dem ventillosen Waldhorn ohne Orchesterbegleitung gespielte Podiums-Prolog und ebenso im rückwärtigen Teil der Kirche wiedergegebene Epilog legten sich wie ein fein geschnitzter Rahmen um die Komposition.
Noch deutlicher passten die zitierten Elfen-Klänge zum zweiten Teil des Konzertprogramms. Zusammen mit vier weiteren Streichern musizierte die von Lotus String bekannte japanische Cellistin Chihiro Saito Franz Schuberts „Arpeggione“-Sonate (D 821). Die ursprünglich für das gleichnamige, um 1820 in Wien erfundene und heute vergessene Gitarren-Instrument geschriebene Sonate wird meist in einer Version für Klavier und Cello gespielt. Mit solcher Klarheit, mit soviel Sinn für Klangnuancen, wie von Saito und ihrem Quartett wiedergegeben, hört man das Stück freilich nur selten. Die charmante Solistin spielte völlig uneitel mit voll markiertem, aber nie gepressten Ton, leichthändig locker, ohne fettes Vibrato, aber hinreißend klangschön. Die mehrfach repetierte „Drehleier“ im Allegro moderato mutete wienerisch-volkstümlich an, die Leitmelodie im folgenden Adagio glich einem zart ausgesungenen Lied.
Populäre Musik
Nach der Pause gab es noch Antonín Dvořák Serenade in E-Dur (op. 22) – ein Standardwerk für Streichorchester. Auch Wallinger und sein Ensemble kennen das Stück aus dem Effeff. Entsprechend solide routiniert wiedergegeben, erfreute die (insbesondere in den ersten beiden Sätzen Moderato und Tempo di Valse) populäre Musik mit ihren charaktervollen Kontrasten die zahlreichen Konzertbesucher.
Eckehard Uhlig
weniger16.07.2019, Bietigheimer Zeitung
Solisten fesseln mit ihrem Vortrag
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Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim trat im Sachsenheimer Lichtenstern-Gymnasium vor 100 Zuhörern auf. Drei Solisten prägten die Darbietungen der Musiker ganz besonders.
Das 25. Konzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim bracht am vergangenen Samstag Stücke von Benjamin Britten, Franz Schubert und Antonín Dvorák in das Lichtenstern-Gymnasium in Sachsenheim. Ab 19 Uhr füllte sich dort die Aula, in die das Konzert wegen des unsicheren Wetters verlegt worden war, mit gut 100 Besuchern.
Drei Solisten überzeugen
Unter der Leitung von Peter Wallinger, Gründer und Leiter der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim, waren auch diesmal wieder drei Solisten dabei, dieses Jahr Chihiro Saito mit dem Violoncello, Tenor Kai Kluge und Hornist Reimer Kühn. Alle überzeugten beim Auftritt in Sachsenheim mit ihrem Können. Kühn studierte in Hamburg an der Hochschule für Musik und Theater und, nach Erhalt seines Diploms, an der Musikhochschule Köln. Schon während dem Studium spielte er in dem Kieler Philharmonischen Orchester und bei den Hamburger Philharmonikern Nach dem Studium war er stellvertretender erster Hornist am Nationaltheaterorchester Mannheim. Seit 1992 ist er Solohornist des Staatsorchesters Stuttgart. Kühn, der im Alter von Jahren begann, Horn zu spielen, ist zudem Gründungsmitglied des Mannheimbrass Quintetts, einem der führenden Blechbläserquintette des Landes. Kluge begann seine musikalische Ausbildung bei den Aurelius Sängerknaben in Calw. Während dem Studium wurde er vom Opernstudio des Staatstheaters Karlsruhe engagiert, er wechselte 2016/17 ans Opernstudio des Staatstheaters Stuttgart und wurde im Jahr darauf fest im Ensemble angestellt. 2014 gewann er den ersten Preis der Opernakademie Baden-Baden, 2015 kam er beim Internationalen Wettbewerb "Franz Schubert und die Musik der Moderne" im Lied-Duo mit seiner Schwester ins Finale.
Chihiro Saito ist schon seit vielen Jahren Solocellistin bei der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim. Nach dem Studium in Tokio an der University of Fine Arts and Music und in Stuttgart an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst gewann sie sowohl als Solocellistin und als Mitglied des Lotus String Quartetts international Preise, etwa in Japan und Italien. Bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen trat sie bereits auf, ebenso wie beim Schleswig-Holstein Musikfestival, beim Davos International Music Festival, bei den Mecklenburg-Vorpommern Festspielen, beim Luzern Festival, bei den Schwetzinger Festspielen und beim Rheingau-Musikfestival.
Vier Streicher begleiten Saito
Den Beginn des Konzerts machten Kluge und Kühn mit der Serenade op. 31 für Horn, Tenor und Streicher von Benjamin Britten. Den zweiten Teil der gut einstündigen ersten Hälfte bestritt Saito mit der,,Arpeggione"- Sonate D 821 von Franz Schubert. während im ersten Teil das ganze Orchester spielte, begleiteten Saito vier Streicher. In der zweiten Hälfte des einmal mehr überzeugenden Konzerts der Kammersinfonie stand Dvoráks Serenade E-dur op. 22 auf dem Programm.
Bei der Gestaltung des Programms wählt Peter Wallinger zuerst das Thema und die entsprechenden Stücke aus, an diesem Abend eben die beiden Serenaden und die Sonate. Davon abhängig wurden dann die Solisten gewählt. Saito und Kühn sind bereits im Orchester, der Kontakt zu Kluge kam über Kühn zustande. Das Talent des jungen Tenors beeindruckt Wallinger, der ihm eine enorme Karriere prophezeit, "warten Sie nur ein halbes Jahr." Wer in Sachsenheim dabei war, möchte ihm da kaum widersprechen.
Jonathan Lung
weniger16.07.2019, Ludwigsburger Kreiszeitung
Ein ungeheures Hörvergnügen
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Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim begeistert beim Sommerkonzert
SACHSENHEIM. Obwohl das ursprünglich als Open-Air-Veranstaltung geplant Sommerkonzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB) angesicht der ungewissen Wetterlage ins Foyer des Lichtensterngymnasium verlegt weden musste, wurde den100 Besuchern am Samstagabend tatsächlich ein besonderes Konzerterlebnis zuteil.
Dass Peter Wallinger, der die SKB 1984 gegründet hat, als Programmgestalter stets darum bemüht ist, Vertrautes neu und Neues vertraut klingen zu lassen und inmitten von Höhepunkten klassischer Musikliteratur auch Entdeckungen zu ermöglichen, ist weithin bekannt. Mit dem Programm des "Sommerlichen Serenadenkonzerts", das am Folgetag nochmals als Matinee bei seinem Festival "Musikalischer Sommer" in der Lienzinger Frauenkirche gegeben wurde, hat sich der Maulbronner Dirigent allerdings schlicht selbst übertroffen.
Bereits der Auftakt mit Benjamin Brittens "Serenade für Tenor, Horn und Streicher" (Op. 31) bereitete ungeheures Hörvergnügen: Selten gespielt und nach wie vor unterschätzt, gehört dieser 1943 im Umfeld seiner Oper "Peter Grimes" entstandene Orchesterliedzyklus mit zu den eindringlichsten Werken des britischen Komponisten. Ein ausgesprochener Glücksfall, dass mit dem jungen, lyrischen Tenor Kai Kluge und dem Solohornisten Reimer Kühn, beide an der Staatsoper Stuttgart beschäftigt, zwei exzellente Solisten zur Verfügung standen.
Gerahmt von einem fanfarenartigen Prolog, auf die Naturtonreihe des Horns beschränkt, und dessen Reprise als Epilog, den Kühn, der Anweisung des Komponisten folgend "aus der Ferne" -in diesem Fall aus einem Aufenthaltsraum im Rücken des Publikums erklingen ließ, hat Britten eine Miniaturanthologie altenglischer Lyrik vertont, die das Thema der Nacht aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet. Hinreißend, wie Kluge die Texte von Charles Cotton, Lord Tennyson, William Blake, Ben Jonson und John Keats in ausgezeichneter Artikulation und mühelos ansprechender Intonation zum Klingen brachte. Sensibel gestaltete Liegetöne in der getragenen Pastorale, atemberaubend die dynamische Behandlung der zentralen, auch in sich symmetrischen Elegy wie die dramatische Emphase der Dirge, brillant die Koloraturen der Hymne, Seelenbalsam die offenen Vokale im Sonett.
Die immense Qualität des SKB kam dann nach der Pause in Dvoráks E-Dur-Serenade (Op. 22) voll zum Tragen: Fünf Sätze, in denen jede einzelne Musikerin, jeder einzelne Musiker über sich hinauswuchs - kleines Orchester, ganz groß.
Als kammermusikalische Perle dazwischen Schuberts "Arpeggione"-Sonate (D 821), exzellent dargeboten von Solocellistin Chihiro Saito, begeleitet lediglich von einem Streichquartett mit Konzertmeisterin Sachiko Kobayashi (Violine) und Tomoko Yamasaki (Viola), ein Dreiviertel des Lotus String Quartets auf der Bühne. Dass Wallinger und die SKB nach fulminantem Beginn die Spannung aufrecht zu halten wussten, gehört mit zur Erfolgs- geschichte dieses Sternstundenserenadenabends.
Harry Schmidt
weniger12.07.2019, Ludwigsburger Kreiszeitung
Mir geht es um das Innenleben der Musik
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Seit über drei Jahrzehnten bereichert Peter Wallinger mit seiner Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim die Klassikmusiklandschaft der Region. Ein Gespräch mit dem Maulbronner Dirigenten über prägende Erfahrungen, Klangideale und Zukunftspläne.
BIETIGHEIM-BISSINGEN. Vor 35 Jahren gründete Peter Wallinger mit der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim ein Orchester, dessen Name mittlerweile weit über die Region hinaus einen außerordentlich guten Klang besitzt. Fünf- bis sechsmal im Jahr versammeln sich bis zu 40 Musikerinnen und Musiker um den 1950 in Mühlacker geborenen Dirigenten. Die Qualität des Projektorchesters hat sich herumgesprochen – längst sind Auftritte wie ihre Neujahrskonzerte in Bietigheim, Mühlacker und Murr zu Konstanten im Veranstaltungskalender musikinteressierter Kreise geworden. Auch die am Wochenende in Sachsenheim und Lienzingen anstehenden „Sommerlichen Serenaden“ haben Tradition. Wir haben uns im Vorfeld mit dem rührigen Kapellmeister unterhalten.
Herr Wallinger, was hat dazu geführt, dass Sie Dirigent geworden sind?
PETER WALLINGER: Musik war von Kindesbeinen an meine Leidenschaft. Meine Eltern waren Musikliebhaber, aber keine Musiker. Schon in der Schulzeit ging ich meine ganz eigenen Wege, lernte Geige und Klavier. Als ich nach einem recht guten Abitur Musik studieren wollte, war mein Vater nicht besonders glücklich darüber. Aber mein Entschluss, dass es für mich nur die Musik gibt, stand früh fest. Ich hatte damals gar nicht vor, unbedingt Dirigent zu werden; die Musik hat mich erst mal in ihrer gesamten Breite interessiert. Nachdem ich in Stuttgart das Studium der Schulmusik und Mathematik relativ schnell absolviert hatte, habe ich die Kapellmeisterklasse bei Professor Thomas Ungar besucht und mich parallel dazu für Musikwissenschaften in Tübingen eingeschrieben.
Welche einschneidenden Erfahrungen aus dieser Zeit klingen bis heute nach?
Das waren vor allem die Dirigierkurse von Sergiu Celibidache, als er in den Siebzigerjahren nach Stuttgart kam. Während der Zeit, als Celibidache das RSO Stuttgart leitete, habe ich regelmäßig daran teilgenommen. Obwohl ich kein hundertprozentiger Fan gewesen bin, waren das doch ausgesprochen prägende Erlebnisse. Celibidache hatte eine enorme Aura. In diesen Kursen hat er seine Jünger um sich geschart und eigentlich mehr philosophiert als dirigierpraktische Arbeit geleistet. Dort war ich einer der wenigen, die auf diesem Gebiet bereits erste Erfahrungen gemacht hatten. Am meisten habe ich davon profitiert, bei den Proben zuzuhören: Wie nuanciert er mit Streichern und Bläsern geschliffen hat, um einen möglichst homogenen Klang zu erzielen, an Feinheiten wie Vibrato und Agogik gearbeitet hat – das war wirklich beeindruckend. Er war allerdings auch sehr autoritär, hat Musiker und Schüler vor der ganzen Mannschaft abgekanzelt – das war absolut nicht nach meinem Geschmack. Aber er war ein echter Klangmagier.
Was war sonst noch prägend für Ihre Klangauffassung?
Es gab seinerzeit an der Stuttgarter Hochschule ein Ensemble für Neue Musik, unter Professor Erhard Karkoschka, der seinerzeit Komposition unterrichtet hat. Dort habe ich zwei Jahre als Geiger mitgewirkt, in kleiner Besetzung wurden viele Uraufführungen realisiert. Das war manchmal ganz schön anstrengend – etwa wenn man stundenlang nur geräuschhafte, wenn auch sehr raffinierte Klänge erzeugt –, aber für mich eine un- gemein interessante, sehr wertvolle Er- fahrung. Auch die Zeit als Bratscher im Orchester der Ludwigsburger Schlossfestspiele unter Wolfgang Gönnewein möchte ich nicht missen: 1988 habe ich an der legendären Inszenierung des „Frei- schütz“ mit Loriot mitwirken dürfen, war bei Orchesterreisen nach China oder zum Schleswig-Holstein Musik Festival dabei.
Auch als Musikerzieher am Bietig- heimer Ellentalgymnasium haben Sie einiges bewirkt. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre Lehrtätigkeit?
Neben Orchesterreisen mit dem Schulorchester unter anderem nach Frankreich und Italien war eine der Sternstunden die Aufführung von Beethovens Streichquartett Nr. 4 mit der damals zwölfjährigen Ursula Schoch als Primgeigerin. Rund 80 ehemalige Schülerinnen und Schüler aus dieser Zeit haben ihren beruflichen Weg zur Musik gefunden.
Welche Klangvorstellungen verfolgen Sie mit der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim, die Sie 1984 gegründet haben?
Große sinfonische Werke in reduzierter Besetzung zu spielen, ist schon mein Ideal, weil damit ein viel größeres Augenmerk auf Artikulation und Differenzierung einhergeht. Jede Phrasierung, jeder Ton muss bewusst gestaltet werden. Bei 100-köpfigen Sinfonieorchestern, wie ich sie auch dirigiert habe, geht es um die große Fläche. Aber mit einem Ensemble wie der Kammersinfonie geht es um das Innenleben der Musik. Und natürlich ist jeder einzelne Musiker dabei in höchstem Maße gefordert. Ich glaube auch, dass man mit einem kleinen Orchesterapparat dem Originalklang, den sich die Komponisten des 18. und frühen 19. Jahrhunderts vorgestellt haben, viel näher kommt.
Welchen Leitgedanken folgen Sie bei der Programmgestaltung?
Es gibt kein Prinzip, wichtig ist die Stimmigkeit der Konzeption. Mal stehen Kontraste im Vordergrund, mal mehr die Idee des Brückenschlags, wobei für mich oftmals Tonarten und Tonartenverhältnisse maßgebend sind. Dann geht es wieder um außermusikalische Themen, die sich in der Musik unterschiedlich spiegeln.
Für das anstehende Sommerkonzert kombinieren Sie Benjamin Brittens Serenade für Tenor, Horn und Streicher (Op. 31) mit Dvoráks E-Dur-Serenade (Op. 22) und Schuberts „Arpeggione“- Sonate (D 821). Von welchen Überlegungen haben Sie sich dabei leiten lassen?
Diese zwei Serenaden wollte ich schon immer mal zusammenbringen. Von der Atmosphäre her sind beide durchaus ähnlich, und doch besitzt jede eine eigene Charakteristik, auch weil sie aus verschiedenen Epochen stammen. Mit dem jungen lyrischen Tenor Kai Kluge und dem Solohornisten Reimer Kühn, beide von der Staatsoper Stuttgart, konnte ich zwei exzellente Solisten für die Britten-Serenade gewinnen. Und mit der „Arpeggione“-Sonate – ein Traum für jeden Cellisten, den bei uns Chihiro Saito, die Cellistin des Lotus String Quartetts, realisieren wird – möchte ich einen mehr intimen, romantischen Akzent setzen.
Wie bereiten Sie sich auf so eine Aufführung vor?
Oft ziehe ich mich in mein Refugium im Berner Oberland zurück. Auf fast 2000 Meter Höhe betreibt ein befreundetes Paar einen Berggasthof, dessen Gesindestube mir jederzeit offensteht. Diese Abgeschiedenheit wirkt sehr inspirierend auf mich. Auch viele Programmideen entstehen dort oben in Gletschernähe.
Harry Schmidt
weniger02.04.19, Pforzheimer Zeitung
Dunkler Einstieg, lichtheller Ausklang
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Mühlacker. Mit dunklem Kolorit malte und gestaltete das Orchester die fantastische Klanglandschaft. Jean Sibelius’ Stück „Der Schwan von Tuonela“ (op. 22, Nr. 2), eine an das Totenreich aus dem finnischen Nationalepos „Kalevala“ erinnernde Tondichtung, setzte mit nebulösem Piano ein, um sich dann in breit ausgezogenen Bögen mit schwerblütiger Poesie zu entfalten. Da leuchteten Cello und Englischhorn, da flirrten die Geigen im Tremolo – musikalische Verläufe, den weiten finnischen Seen und dem Flug des mythischen Schwans nachempfunden.
Mit großer Empathie
Sibelius erlebt, gerade auch in der Pforzheimer Region, eine Renaissance, nachdem der Komponist wegen seiner Glorifizierung im „Dritten Reich“ lange gemieden wurde. Und Peter Wallingers sueddeutsche kammersinfonie bietigheim, die das Werk bei ihrem „Frühjahrskonzert“ im ausverkauften Mühlacker Uhlandbau mit großer Empathie aufführte, hat einen gewichtigen Anteil daran.
Danach kontrastierte die Kammersinfonie unter Wallingers Leitung das düstere Sibelius-Gemälde mit Kompositionen von Wolfgang Amadeus Mozart in lichthellem C-Dur. Verena Guthy-Homolka (Flöte) und Anne-Sophie Bertrand (Harfe) begeisterten mit Mozarts Konzert für Flöte, Harfe und Orchester (KV 299), das zu Recht als eines der schönsten Solokonzerte des Wiener Klassikers gilt. Der einführende „Allegro“-Satz, in dem beide Soloinstrumente in parallelem und alternierendem Spiel dominierten, erfreute mit reichen musikantischen Einfällen.
Wunderschön dann das „Andantino“ mit melodienseligem Gesang der Flöte, vom Saiten-Geglitzer der Harfe umzirpt und von zarten Orchester-Einwürfen begleitet. Im abschließenden „Rondo. Allegro“ zeichneten sich die Solistinnen auch durch originelle Kadenzen aus. Ihre Zugabe, ein Stück aus Astor Piazzollas „Café 1930“, bestätigte ihr hohes künstlerisches Niveau.
Festliche Tanzeslust
Nach der Pause interpretierten Wallinger und sein Ensemble Mozarts „Linzer Sinfonie“ (KV 425). Das vielgestaltige und abwechslungsreiche sinfonische Werk wurde in mitreißender Frische geboten, wobei sowohl die sinnlich zelebrierten Momente (in der „Adagio“-Einleitung) und die festliche Tanzeslust (im „Menuett“) als auch der furios-temperamentvolle Jubelton (im finalen „Presto“) voll zur Geltung kamen. Mit solcher Musik kann der Frühling Einzug halten.
Eckehard Uhlig
weniger02.04.19, Mühlacker Tagblatt
Klangkörper präsentiert sich in Bestform
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Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim lässt zum Abschluss der Winter-Konzertreihe Sibelius und Mozart erklingen
Das Licht und Dunkel zwei Seiten einer Medaille sind, hat ein Konzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim im Uhlandbau in Mühlacker gezeigt.
Mühlacker. Der Leiter der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim, Peter Wallinger, ist bekannt für seine intelligenten und durchdachten Programmzusammenstellungen, die stets einem übergeordneten Motto folgen.
Das Frühjahrskonzert, das gleichzeitig den Schlusspunkt der diesjährigen Winter-Konzertreihe markierte, trug die Überschrift „Licht und Dunkel“. Dies seien keine Gegensätze, sondern zwei sich ergänzende Seiten einer Medaille, sagte Dr. Christina Dollinger in ihrer gut besuchten Einführung vor dem Konzert. Nicht nur das Leben ist gefangen in dialektischen Wechselspielen, auch die Ausdrucksformen der Künste sind ohne Anspannung und Entspannung, Werden und Vergehen, Freude und Trauer nicht denkbar. In der abendländischen Musik spiegeln sich diese formstiftenden Parameter etwa in der Kadenz-Harmonik, der Dur-Moll-Tonalität und der Klangdynamik wider. Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim zeigte sich am Sonntag in Bestform.
Allem Anschein nach hatten sich die Musiker mit ihrem Dirigenten Peter Wallinger akribisch auf das Konzert, das mitgeschnitten wurde, vorbereitet. Als erstes Stück erklang „Der Schwan von Tuonela“ des finnischen Komponisten Jean Sibelius, der infolge seiner intensiven kompositorischen Auseinandersetzung mit den Heldensagen und dem Volksgut als Nationalkomponist Finnlands verehrt wird. Der Schwan, hinreißend auf dem Solo-Englischhorn vom Ensemble-Mitglied Andreas Vogel gespielt, lebt in Tuonela, dort, wo in der finnischen Mythologie die Hölle liegt. Das eher dunkel gehaltene Klanggemälde erhielt durch die singenden Streicher eine mystisch-weiche Färbung.
Deutlich heller wurde es im „Konzert für Flöte, Harfe und Orchester“ C-Dur KV 299, einem Juwel in Mozarts Schaffen. Die Aufführung des selten gespielten Werks wurde zu einem ganz besonderen Erlebnis. Die Solistinnen Verena Guthy-Homolka (Flöte) und Anne-Sophie Bertrand (Harfe) begegneten sich musikalisch auf Augenhöhe. Im Mittelpunkt des technisch anspruchsvollen Doppelkonzerts steht das Zwiegespräch der beiden Soloinstrumente. Mehrere Kadenzen von sublimer Schönheit und virtuoser Eleganz eröffneten den beiden Künstlerinnen ausgiebig Gelegenheiten, ihr Können zu zeigen. Das Orchester begleitete dabei angemessen zurückhaltend und sensibel. Bei genauem Hinhören ist das Werk trotz sprühender Lebensfreude nicht heiter und gefällig in einem oberflächlichen Sinn. Mozart, der das Stück als Auftragswerk für einen Flöte spielenden französischen Aristokraten und seine Tochter komponiert hat, lässt „zwischen den Tönen“ durchaus erkennen, in welch verzweifelter Lage er sich 1778 in Paris befand. Diese Reise, auf der tragischerweise noch seine Mutter starb, führte zu keiner Anstellung und keinen nennenswerten Erfolgen. Guthy-Homolka und Bertrand erhielten langanhaltenden Applaus und gaben vor der Pause noch eine Zugabe.
Die „Linzer Sinfonie“ Mozarts aus dem Jahr 1783 war das stilistisch gut gelungene Abschlussstück des Konzerts. In dieser späten Sinfonie erweist sich das Genie Mozart als Meister subtiler, verborgener Nuancen, die es zu entdecken gilt. Inmitten strahlenden Lichts erklingen zweifelnde Töne, in den fragenden Überleitungen hemmen Synkopen einen allzu glatten melodischen Fluss und in kurzen Moll-Momenten verdunkelt Mozart die vermeintlich heile Welt. Yehudi Menuhin, der große Geiger, meinte einmal, niemand hätte so trauriges Dur und so heiteres Moll wie Mozart komponieren können. Tatsächlich hatte Mozart in seinen letzten Sinfonien, der „Linzer“, der „Prager“, der großen g-Moll-Sinfonie und der „Jupitersinfonie“ längst eine vollendete Meisterschaft erreicht. Die Süddeutsche Kammersinfonie unter Peter Wallinger spielte die „Linzer“ mit rasantem Schwung und großem Bogen, gleichzeitig detailverliebt, etwa bei der Herausarbeitung von Echostellen oder Überleitungen. Die rasenden Zweiunddreißigstel in den hohen Streichern jagten das halbstündige Werk zum strahlenden C-Dur-Schlussakkord. Der überaus herzliche Applaus am Ende zeigte, dass die mehr als zweihundert Zuhörer, die ihren Frühlingsspaziergang wegen des Konzerts verkürzt hatten, ihre Entscheidung nicht bereut haben.
Dietmar Bastian
weniger02.04.19, Ludwigsburger Kreiszeitung
Ein ungetrübtes Vergnügen
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Die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim spielt mit Solistinnen im Kronenzentrum
Bietigheim-Bissingen. „Licht und Dunkel“, so hat Peter Wallinger das traditionelle Frühjahrskonzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB) überschrieben. Viel Helligkeit und nur wenig Schatten war am Samstagabend im Kronensaal beim ersten der beiden Konzerte dieses ersten wirklichen Frühlingswochenendes zu verzeichnen. Anderntags wurde das Programm nochmals in Mühlacker gegeben. Ein Großteil des Abends war indes Mozart gewidmet – nachdem Verena Guthy-Homolka, die Solo-Flötistin der SKB, bei der letzten SKB-Zusammenarbeit mit der französisch-amerikanischen Harfenistin Anne-Sophie Bertrand dessen Konzert für Flöte, Harfe und Orchester (KV 299) ins Gespräch gebracht hatte. Mit der 36. Sinfonie, die unter dem Beinamen „Linzer Sinfonie“ bekannt geworden ist, hat Wallinger eine Auswahl getroffen, mit der das glanzvolle Doppelkonzert von 1778 nicht nur den Komponisten, sondern auch die Tonart C-Dur teilt.
Für den Grafen de Guines, einen ambitionierten Amateurflötisten, und dessen Harfe spielende Tochter geschrieben, stellt es bezüglich der Harfenstimme mehr noch als spieltechnische Anforderungen, derer es freilich nicht mangelt. Der Part gilt als hochanspruchsvoll, meldet jedoch gleichzeitig gemeinhin mit dem Instrument verbundene Spielweisen wie Glissandi oder vollflächige Akkorde. Aufgrund dieser Ablehnung eines sich durch plakative Effekte legitimierenden Virtuosentums liegt die ungleich größere Herausforderung im Bereich der musikantischen Gestaltungsmöglichkeiten und Ausdrucksfähigkeit. Kurzum: Verhältnismäßig schwer zu spielen, bietet es dennoch vergleichsweise wenig Gelegenheit zu glänzen. Vor allem aber darf darüber – denn darin besteht, gerade bei Mozart, nahezu die ganze Kunst – die elegante Leichtigkeit dieser Musik nicht abhanden kommen. So hochkonzentriert wie gelöst nahm sich Bertrand dieser heiklen Aufgabe an.
Innige Klangschmelze trifft auf andächtige Stille
Insbesondere begeistere die ungeheuer klare Artikulation, mit der die Musikerin intonierte. Mit Guthy-Homolka stand ihr eine Solistin auf Augenhöhe zur Seite. Nicht so komplex, dafür häufiger als die Harfe in der Führungsrolle ihre Flötenstimme – in Guthy-Homolkas Legato flossen die Töne zu einer innigen Klangschmelze zusammen. Andächtige Stille herrschte im bedauerlicherweise nur mäßig besuchten Saal während der Flothuis-Kadenzen. Maßgeblich zum überaus gelungenen Eindruck, den diese Wiedergabe des Doppelkonzerts hinterlässt, hat auch Wallingers Interpretation mit der SKB beigetragen, sorgsam abschattierte Transparenz auf die fragile Harfenstimme. Das ungemein harmonische Duo der Solistinnen auf sich allein gestellt in der vom enthusiastischen Beifall erzwungenen Zugabe: Berückend gestaltete Melancholie, als mitten in Astor Piazzollas „Café 1930“ die Perspektive umbricht, aus Präsens im nächsten Takt schon Perfekt geworden ist. Der Abend dieses Tages, an dem der Frühling erwacht ist – Magnolienblüten öffnen sich, am Enzufer chillen Horden von Halbwüchsigen zu den neusten Cloud-Rap-Hits, Grillgut sei ausverkauft, hört man im Bus -, er war von ungetrübten vertrüben geprägt.
Welch exquisites Projektorchester Wallinger, der die SKB 1984 gegründet hat und im 35. Jahr ihres Bestehens leitet, in dieser Zeit geformt hat, davon legte bereits der Auftakt mit Jean Sibelius’ „Schwan von Tuonela“, dem zweiten Satz aus dessen „Lemminkäinen-Suite“ (Op. 22), Zeugnis ab, wundervoll das solistische Englischhorn von Andreas Vogel im Dialog mit Chihiro Saito, Stimmführerin der Celli (das Lotus String Quartet komplett in Reihen der SKB an diesem Abend). Ausgedehnte Horizontalität, dunkel grundiert, Paukengrollen knapp oberhalb der Hörschwelle. Gleich einem zarten Gesang der Ensembleklang, den Wallinger seinem Orchester dann im Kopfsatz der „Linzer Sinfonie“ entlockte. Lebendige, atmende Pausen und seine vielgestaltige Schlagtechnik weisen ihn als exzellenten, an Differenzierung und Kontrastbildung interessierten Klanggestalter von großem Formgefühl aus. Locker aus Handgelenk geschüttelt: die Stretta des Finales.
Harry Schmidt
weniger18.01.19, Nachrichtenblatt Murr
Beeindruckende Musikalität und innovatives Programm
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16.01.19, Marbacher Zeitung
Von der Klassik, die aus dem Märchen kommt
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Die Süddeutsche Kammersinfonie hat ihr Publikum in ein Wintermärchen entführt.
Murr - Vereiste Fenster, Minusgrade und jede Menge Schneeflocken – der Winter hat auch das Bottwartal am Wochenende in Weiß gehüllt. Da liegt die Idee von klassischen Tönen, die das Herz erwärmen sollen, nicht allzu fern. Das Neujahrskonzert im Bürgersaal des Bürger- und Rathauses Murr hat diesen Wunsch am vergangenen Samstag Wirklichkeit werden lassen: Gegen 19.30 Uhr gab das Orchester der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim unter der Leitung von Gründer Peter Wallinger ihr Können zum Besten und lockte etwa 150 Gäste aus Murr und Umgebung an. Die Karten konnte man sich bereits im Vorfeld sichern. Für Spontane gab es die Möglichkeit der Abendkasse.
Mit dem Bietigheimer Orchester hat man sich keine Amateure ins Haus geholt – im Gegenteil: 35 Jahre liegt seine Gründung zurück. Dennoch begeistern die Musiker mit jungem Elan und professioneller Erfahrung auf ganzer Höhe… Leidenschaft und die Liebe zur Klassik transportierte das Orchester nun auch auf der Bühne Murrs. Unter einem allumfassenden Motto machten es sich die Musiker zur Aufgabe, das Publikum an diesem Abend in ein „Wintermärchen“ zu entführen. Mit dem Brandenburgischen Konzert Nr. 3 von Johann Sebastian Bach gelang dem Orchester der passende Einstieg ins Programm. Hatto Zeidler begrüßte die Gäste mit einer Anekdote aus Bachs Leben und gestand dem Publikum sogleich, dass er noch nie in Murr gewesen sei. „Aber ich komme ursprünglich aus Eberbach am Neckar, und wer schon mal im Neckar gebadet hat, war auch schon in der Murr, schließlich fließt die ja in den Neckar“, witzelte Zeidler und kündigte „Fratres“ von Arvo Pärt an.
Die Zuhörerschaft war gefesselt von dem Klangkörper des Orchesters. Aus den Musikinstrumenten kamen Töne, aus den Tönen wurden Melodien und aus den Melodien ganze Stücke, die einen mitrissen in die märchenhafte Welt der Klassik. Jan Sibelius „Romanze C-Dur op. 42“ läutete die halbstündige Pause ein, um sich im Foyer des Rathauses eine Stärkung zu genehmigen. Neben Sekt, Wein und Orangensaft sorgten passend zur Veranstaltung Neujahrsbrezeln für das leibliche Wohl… Nachdem der kleine Hunger gestillt war, ging es für die Musikfans erneut in die märchenhafte Welt der Klassik. Im Repertoire der Bietigheimer fanden sich zudem Peter Tschaikowskys „Andante cantabile“ und Pablo Casals „El Cant dels Ocells“, welches das Zwitschern der Vögel sogar in den Wintermonaten zurückbrachte. Mozarts „Serenade Nr. 6 D-Dur“ rundete den Abend ab und bescherte dem Konzert einen würdigen Abschluss.
Helena Hadzic
weniger15.01.19, Bietigheimer Zeitung
Klassiker der Musikgeschichte
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Klassik Die „sueddeutsche kammersinfonie“ präsentierte in der Bietigheimer Kelter ein Neujahrskonzert.
Bietigheim-Bissingen. Am Sonntagabend ereignete sich ein klangvolles „Wintermärchen“ in der Kelter in der Bietigheimer Altstadt. Die „süddeutsche kammersinfonie“ präsentierte dort das traditionelle Neujahreskonzert 2019 unter der künstlerischen Leitung von Peter Wallinger. Das 17-köpfige Streichorchester mit Percussion präsentierte Klassiker der Musikgeschichte, die sich zwischen 1700 und 2000 ereigneten, vor rund 120 Besuchern.
Das Konzert begann mit dem dritten Brandenburgischem Konzert von Johann Sebastian Bach. Textlich unterstrichen wurde das musikalische Programm von Dr. Hatto Zeidler, Bildhauer und Autor aus Maulbronn. Er lieferte Hintergrundinformationen zu den Künstlern und trug freie Texte und Literatur der Zeitgeschichte vor. „Man muss sich vorstellen; die sechs Brandenburgischen Konzerte Bachs brauchten zwei Jahre bis zu ihrer Fertigstellung. Zu jener Zeit hatte Bach sechs kleine Kinder und vermutlich nie seine Ruhe“, berichtete Sprecher Zeidler. Humorvoll und informativ gestaltete der ehemalige Hochschulprofessor das literarische Programm des Abends.
Anschließend stellte das Orchester „Fratres“ (estländisch: Brüder) den Zeitgenossen Arvo Pärt vor. Laut Zeidler habe Pärt sich sehr für die russisch-orthodoxe Kirche und die gregorianischen Gesänge interessiert und diese in seine musikalischen Werke einfließen lassen. In dem speziellen Werk verbergen sich viele Akzente der gregorianischen Musik. Vor allem der starke Bass ließ das Stück in der kalten Akustik der rustikalen Kelter sehr mystisch und düster klinken. „Wenn all das, was heute als Schnee fallen würde, dann hätten wir gewiss ein Wintermärchen“, scherzte der Sprecher.
Das dritte Werk trug den Namen „Erinnerungen an den vergangenen Frühling“ von Evard Grieg. Sich bei dem regnerischen Wetter von Sonntag an die warmen Frühlingssonne und die erblühende Landschaft zu erinnern, fiel bei den musikalischen Meisterwerken, die die Kammersinfonie vorstellte, nicht schwer. Die Streicher harmonierten, die neun Violinen, drei Violas, drei Violoncellos zusammen mit Kontrabass und Percussion-Elementen begeisterten dem lautstarken Applaus nach zu urteilen das Publikum in hohem Maß.
Katalanisches Weihnachtslied
Nach einer kurzen Pause begann Solistin Chihiro Saito, mir ihrem Violoncello in Solos zu zaubern: Mit Peter Tschaikowskys „Andante cantabile“ zog sie das Publikum in den Bann ihrer Musik. Chihiro Saito studierte unter anderem in Tokio an der University of fine Arts and Music und in Stuttgart in der Solistenklasse an der Staatlichen Hochschule für Musik. Sie gewann als Solocellistin und als Mitglied des Weltweit konzertierenden „Lotus String Quartets“ mehrfach Preise in verschiedenen Ländern. „Frau Saito und auch unsere Solo- Violonistin Frau Kobayashi sind bereits seit vielen Jahren in unserer Kammersinfonie. Sie sind in jeder Hinsicht eine Bereicherung für unser Orchester“, schwärmte Gründer und künstlerischer Leiter Peter Wallinger. Das zweite Solo-Stück, das Chihiro Saito mit ihrem Violoncello vortrug, war Pablo Casels „El cant dels ocells“ (katalanisch: Der Gesang der Vögel). „Das katalanische Weihnachtslied handelt von 30 verschiedenen Vögeln, die die Geburt Christi besingen und ihm Glückwünsche aussprechen. Für dieses Meisterwerk imitierte Casels die verschiedenen Vögel und vereinte sie mit den Klängen seines Violoncellos“, erklärte Hatto Zeidler.
Das Streichorchester beschloss sein Konzert mit Mozarts sechster Serenade „serenata notturna“, in der Violinistin Sachiko Kobayashi ein bezauberndes Solo zum Besten gab. Nach dem lautstarken Applaus spielte die Kammersinfonie noch eine Zugabe.
Vivien Staib
weniger15.01.19, Mühlacker Tagblatt
Konzert spannt Bogen von Estland bis Spanien
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Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim und die Cellistin Chihiro Saito verzaubern ihr Publikum im Uhlandbau
Mühlacker. Im Rahmen der Konzertreihe „MühlackerConcerto“ hatte die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim zu ihrem Neujahrskonzert am Sonntag in den Uhlandbau eingeladen. Am Pult stand Peter Wallinger, der künstlerische Leiter, der vor 35 Jahren diesen Klangkörper gegründet hat.
Dieser Ruf verpflichtet, und so wurden die Erwartungen der rund 160 Musikfreunde auch nicht enttäuscht. Fast zwei Stunden erfreuten die mit großer Spielfreude aufspielenden Streicher, Trommler und ein Paukist ihre Zuhörer mit einem „Wintermärchen“. Und wahrlich märchenhaft schön gestaltete sich das äußerst abwechslungsreiche, mit vielen Überraschungen gespickte Programm.
Brücken zwischen den einzelnen Vorträgen baute Dr. Hatto Zeidler, der sich als Sprecher vorstellte und mit „Reflexionen“ über Leben und Werke der Komponisten und mit passender Lyrik von Rainer Maria Rilke, Gustav Schwab und Erich Kästner das Publikum erfreute.
Weit hatte Wallinger den Bogen gespannt von Johann Sebastian Bach mit dem Brandenburgischen Konzert Nr. 3 als Auftakt bis hin zu Wolfgang Amadeus Mozart, der mit der Serenade Nr. 6 D-Dur berauschende Schlussakkorde setzte.
Die musikalische Reise begann im sächsischen Köthen, wo Bach seine sechs Brandenburgischen Konzerte schrieb. Die Musiker präsentierten schwungvolle barocke Prachtentfaltung mit der Wiedergabe des Dritten. Der Kontrast könnte kaum größer sein als mit Arvo Pärts - einem estländischen Komponisten - „Fratres“, mit Anklängen an mittelalterlich-gregorianische Klostergesänge. Romantisch gestimmt erinnerte dann der Norweger Edvard Grieg an den letzten Frühling, und mit einer kurzen Romanze des finnischen Komponisten Jan Sibelius endet der erste Teil.
Nach der Pause ein Sprung zu dem Katalanen Pablo Casals und seinem Gesang der Vögel, einem Weihnachtslied. 32 verschiedene Vögel begrüßen Christus in der Krippe. Endstation war Wien mit der „Serenata notturna“ von Mozart, die sich als musikalisches Kleinod erwies, folgte man der Interpretation der Kammersinfoniker.
Variantenreich spielten die Musiker auf: Geigen, Bratschen und Celli lieferten sich sprühend vor Lust einen Wettstreit, Töne schienen hin und her zu fliegen, strebten mit Crescendi einem Höhepunkt zu. Und als ob sich ein Knoten gelöst hätte, vereinten sich alle Instrumente in Harmonie. Lebhaft bis furios, mit großer Klangfülle gestalteten die Musiker die so unterschiedlichen Werke. Da fielen Claves-Töne wie zarte Tropfen, hauchzarter Streichklang betörte, verhalten war eine Trommel zu hören - eine bewegende Klangfülle in einem Auf und Ab der Gefühle. Spiritualität war spürbar, Sehnsüchte wurden geweckt, Zarte Töne weiteten sich wie Sonnenstrahlen, die durch das Geäst der gerade erblühenden Bäume drängten. Die kurze Romanze C-Dur von Sibelius entließ die begeisterten Zuhörer in die Pause.
Im zweiten Teil war die Cellistin Chihiro Saito der Star auf der Bühne. Mit samtenem Strich, gefühlvoll interpretiert erklang das Andante Cantabile von Tschaikowsky, sehr einfühlsam vom Orchester begleitet. Cantabile verlangte der Komponist – und ihr Cello sang, zum Dahinschmelzen schön. Von Casals Vögeln gab sie dem Buchfinken eine Stimme, federleicht und beschwingt. Saito ist eine vielfach preisgekrönte Cellistin, Mitglied des Lotus String Quartetts und seit vielen Jahren schon Solistin der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim.
Zum Schluss des Konzertes gab es nochmals einen Höhepunkt: Die Serenata notturna hat Mozart für zwei Violinen solo, Viola solo, Kontrabass solo, Pauken und Orchester geschrieben. Eine ungewöhnliche Besetzung, fast wie zwei Orchester in einem Stück: Einmal trumpfen die Solisten auf, dann wieder alle Streicher gemeinsam. Reizvolle Gegensätze tun sich auf, wenn nur Pauken und Pizzicati zu hören sind oder die Solisten allein spielen. Marsch, Menuett und Rondo-Allegretto bestimmen die lebhaften Tempi. Mit großer Hingabe und Spielfreude bis zu den letzten Takten agierten die Musiker und ihr Dirigent. Sie alle hatten Kammermusik vom Allerfeinsten geboten.
Eva Filitz
weniger15.01.19, Ludwigsburger Kreiszeitung
Neujahrskonzert wird zur Sternstunde
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Gleich dreimal präsentierte die Süddeutsche Kammersinfonie Bietigheim am Wochenende ihr „Wintermärchen“, eines davon in der heimischen Kelter
Bietigheim-Bissingen. Außerordentliches Vergnügen bereitete das Neujahreskonzert der Süddeutschen Kammersinfonie Bietigheim (SKB) bereits auf dem Papier: Angekündigt war ein „Wintermärchen“ mit Bach, Mozart, Grieg, Tschaikowsky, dazu Sibelius, Pärt und „El cant dels ocells“, ein katalanisches Weihnachtslied, das Pablo Casals weltbekannt gemacht hat – vielversprechender kann ein Programm für solch einen Anlass kaum klingen. Davon, dass Peter Wallinger, der die SKB 1984 gegründet hat, nicht nur hochinteressante, ausgesprochen durchdachte Spielpläne zu konzipieren versteht, sondern diese mit einer sich verjüngenden SKB – das Projektorchester besteht aus professionellen Musikern sowie engagierten Studierenden und wird für jeden fünf bis sechs Konzertblöcke neu zusammengestellt – auch auf die Bühne zu bringen weiß, konnten sich am Sonntagabend rund 160 Besucher in der Bietigheimer Kelter überzeugen. Mit einer überaus gelungenen Aufführung, der dritten innerhalb von 20 Stunden – zuvor im Bürgersaal des Murrer Rathauses sowie vormittags in Mühlacker – wurden die hohen Erwartungen nicht nur eingelöst, sondern stellenweise noch übertroffen: In ihrer Mittelstellung zwischen Kammermusikensemble und Sinfonieorchester hat sich Wallingers Formation im Lauf der Jahrzehnte einen hervorragenden Ruf erarbeitet, aber nur selten gelingt eine derart befriedigende, von lediglich minimalen Ungenauigkeiten nahezu unbehelligte Darbietung.
Quicklebendig und beschwingt bereits der Auftakt mit Bachs 3. Brandenburgischem Konzert (BWV 1048), in dem Wallinger ein straffes Tempo vorgab, brillant und wendig realisiert durch eine blutjunge SKB. Was Bach durch die Permutation von Motivketten erreichte, steuerte der lettische Komponist Arvo Pärt rund 250 Jahre später mittels einer eigenen Kompositionstechnik names „Tintinnabuli“ an, die aus der Beschäftigung mit gregorianischen Gesängen herrührt: In seiner Kontemplativen Anmutung steht sein Werk „Fratres“ zwar in einem formalen Kontrast zu Bachs Kontrapunktstil, nimmt jedoch gleichermaßen auf eine tief empfundene Spiritualität Bezug. Wie ein Refrain kehrt zwischen den hypnotisierenden Streicherflächen ein Element wieder, der Puls einer Trommel und einer Clave. Nicht gleichermaßen zwingend waren die Moderationsbeiträge von Hatto Zeidler, der zwar interessante Hintergründe und passende Gedichte von Rilke, Kästner und Schwab beisteuerte, aber unnötigerweise auch die Form eitlen, überheblichen Altherren-Dünkels transportierte, der für die Überalterung des Publikums klassischer Konzertveranstaltungen mitverantwortlich ist.
Edward Griegs „Varen“, zu Deutsch „Letzter Frühling“, entstammt den 1881 veröffentlichten „Zwei elegischen Melodien“ (Op. 34) – die SKB begeisterte mit einer empfindsamen Wiedergabe dieser hochromantischen Literatur. Exzellent musiziert auch die Romanze in C-Dur (Op. 42) des finnischen Komponisten Jean Sibelius, uraufgeführt 1904 in Turku: Ausgezeichnet das Fugato der Streichergruppen, gekonnt verwaltet Wallinger hier Sinfonik auf engstem Raum. Dennoch warteten die Höhepunkte jenseits der Pause. Lernte man in Chihiro Saito, Cellistin des renommierten Lotus String Quartets und seit vielen Jahren in der SKB, bereits in Peter Tschaikowskys „Andante cantabile“ für Violoncello und Streicher eine einfühlsame Solistin kennen (bemerkenswert die Leichtigkeit, mit der sich ihr lyrisches Legato vom Orchester löste), geriet ihre Interpretation von „El cant dels ocells“ („Der Gesang der Vögel“) schlicht und einfach ergreifend. Ein Neujahrskonzert als Sternstunde.
Harry Schmidt
weniger14.01.19, Pforzheimer Zeitung
Kurzweiliges Neujahrskonzert mit Peter Wallingers Kammersinfonie in Mühlacker
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Mühlacker. Musik und Poesie sind eine charmante Kombination, zumal wenn sie in heiterer Atmosphäre, zusammenfinden. Beim Neujahrskonzert der sueddeutschen kammersinfonie bietigheim im Mühlacker Uhlandbau war ein solcher Rahmen gegeben.
Peter Wallingers Ensemble musizierte in kleiner Besetzung stimmungsvolle Kompositionen und Virtuosenstücke. Der Bildhauer und Autor Hatto Zeidler aus Maulbronn moderierte in lockerem Plauderton und trug teils amüsante, teils tragisch endende Lyrik vor.
Für den musikalischen Auftakt und für den Konzertabschluss hatte Wallinger galant-höfische Serenaden-Musik ausgewählt. Die Wiedergabe von Bachs Brandenburgischem Konzert Nr. 3 in G-Dur (BWV 1048) zeichnete sich durch klare Phrasierungen, sauber herausgearbeitete Akzente und eine schwungvolle Gangart in den Allegro-Sätzen aus. Wolfgang Mozarts populäre Serenade Nr. 6 in D-Dur (KV 239) präsentierte sich tänzerisch elegant, vor allem die solistischen Passagen zweier Violinen, der Bratsche und des Kontrabasses erfreuten mit lebendigem Figurenwerk.
Arno Pärts Komposition „Fratres“ für Streicher und Percussion entfaltete über einer bordunartig gehaltenen Quinte meditativ zarte, von sanft klöppelndem Schlagwerk begleitete Melodien. Edvard Griegs „Váren“ (op. 34) zauberte märchenhaft-nordische Klänge hervor, die Romanze C-Dur (op. 42) von Jan Sibelius blieb – trotz der eigentlich hellen Tonart – dunkel verhangen.
Die in der Region auch von Aufführungen des Lotus String Quartet bekannte Cellistin Chihiro Saito stellte mit breitem Bogenstrich und feinem Vibrato Tschaikowskys klanglich wunderschönes „Andante cantabile“ für Cello und Streicher (op. Posthum) vor und und zelebrierte mit großer Einfühlung die eher traurige Melodie der Pablo-Casals-Version des katalanischen Volksliedes „El Cant dels Ocells“ (Gesang der Vögel“), ein Stück, mit dem der berühmte Cello-Spieler alle seine Konzerte beschloss.
Nicht nur davon erzählte Hatto Zeidler und rezitierte sinnfällig zur Jahreszeit passende Gedichte von Rainer Maria Rilke („Legende“), Gustav Schwab („Der Reiter über den Bodensee“) und Erich Kästner („Der Januar“). Die kurzweilige Konzert-Matinee sorgte für gute Laune und herzlichen Applaus.
Eckehard Uhlig
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